Der Afrikanische Kontinent hat in den letzten Jahrzehnten einen rasanten Bevölkerungszuwachs verzeichnet, der sich besonders an der starken Expansion städtischer Räume zeigt. In Megastädten wie Lagos leben mittlerweile rund 15 Millionen Menschen, rund zehnmal mehr als noch vor 40 Jahren. Insgesamt gibt es derzeit rund 50 Millionenstädte in Afrika, mehr als in Europa und Nordamerika zusammen.
Doch Armut, mangelnde Bildung, fehlende Stadtplanung und Infrastruktur sowie Korruption führen dazu, dass Teile der Städte oft unkontrolliert besiedelt werden. So entstehen Slums aus einfachen Behausungen, die kaum über Straßen oder Abwassersysteme verfügen. Besonders Uferbereiche und Überschwemmungsgebiete von Flüssen werden immer dichter besiedelt. Die unkontrollierte Verstädterung in Afrika birgt ein hohes Risiko: extreme Regenereignisse können aufgrund verdichteter Böden und blockierter Abflüsse innerhalb weniger Stunden zu schweren Überschwemmungen führen sowie Dächer, Häuser und Brücken zum Einsturz bringen. Studien zeigen, dass die Zunahme an Flutopfern nicht in erster Linie durch die in vielen Regionen beobachteten häufigeren oder stärkeren Regenereignisse infolge des Klimawandels erklärt werden kann, sondern eine Folge von Bevölkerungswachstums und unkontrollierter Urbanisierung ist und sich auf Regionen hoher Bevölkerungsdichte und Armut konzentriert. Zu Risikoabschätzung und zwecks Entwicklung von Warn- und Vermeidungsstrategien sind Fallstudien zu den meteorologischen Ursachen sowie Abschätzungen von Wiederkehrzeiten unabdingbar. Diese existieren für afrikanische Städte bisher kaum. Hier kann das Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie auf Expertenwissen im Bereich atmosphärischer Dynamik im tropischen Afrika und auf eine weltweit einzigartige Datenbank mit täglichen meteorologischen Beobachtungen zurückgreifen. Diese ist unter anderem Resultat langjähriger Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern.
In einer Pilotstudie wurden zwei jüngere schwere Überflutungsereignisse in Westafrika ausgesucht, welche durch die höchsten jemals an den Stationen gemessenen Tagesregensummen ausgelöst wurden. Am 01. September 2009 fielen innerhalb weniger Stunden 261 mm in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos (rund 1,5 Millionen Einwohner). Am 26. August 2012 wurden 161 mm in Dakar, der Hauptstadt Senegals (mehr als 1 Millionen Einwohner), beobachtet. Neben den direkten Folgen besteht nach solchen Überschwemmungen die Gefahr, dass sich Krankheiten wie Cholera oder Malaria ausbreiten.
Um solche Niederschlagsraten zu erzielen, sind enorme Mengen an Wasser in der Atmosphäre notwendig, das durch äußere Einflüsse bedingt in kürzester Zeit als Regen ausfällt. So enthielt die Atmosphäre in den untersuchten Fällen ungewöhnlich viel Feuchtigkeit (>95. Perzentil), obwohl sowohl Ouagadougou und als auch Dakar durch das sonst eher trockene Klima der Sahelzone geprägt sind. Der Großteil des Niederschlags im Sahel entsteht durch Gewittersysteme, die in Nord-Süd-Richtung ausgedehnt schnell westwärts ziehen. Doch im Fall von Ouagadougou wurde ein solches System durch eine ungewöhnliche Wetterstörung verlangsamt und in Verlagerungsrichtung gedreht. In Verbindung mit der hohen Luftfeuchtigkeit konnte es so zu anhaltenden, extrem starken Niederschlägen kommen. Auch im Fall von Dakar spielten neben der feuchten, instabilen Luftmasse eine Reihe weiterer meteorologischer Aspekte (u.a. Küsteneffekte) eine Rolle bei der Entstehung anhaltender schwerer Gewitter.
Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen wird das Institut für Meteorologie und Klimaforschung weitere Extremereignisse, die zu Überschwemmungen führten, auch in anderen afrikanischen Klimazonen untersuchen. Dabei sollen neben Beobachtungen auch hochaufgelöste meteorologische Modelle benutzt werden. Zusammen könne diese Untersuchungen für Risikoabschätzungen in einem sich erwärmenden Klima und zur Extremwettervorhersage genutzt werden.