Chemikalien sind in unserem Alltag in vielen Lebensbereichen gegenwärtig. Textilien, Möbel, Medikamente sind nur einige Beispiele. Kenntnisse über chemische Stoffeigenschaften und das Verhalten von Stoffen in der Umwelt werden deshalb am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung untersucht, um uns Menschen und unsere Natur zu schützen und um Wege zu einer nachhaltigeren Chemie zu finden.
Obwohl Wissenschaftler und Behörden eng zusammenarbeiten und Richtlinien sowie Grenzwerte festlegen, werden dennoch immer mal wieder Grenzwertüberschreitungen für verschiedene Chemikalien in der Natur nachgewiesen. So beispielsweise auf landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg wo 2014 per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) im Boden gefunden wurden. Zwar dürfen diese Stoffe schon seit 2006 nicht mehr in den Verkehr (EU-Richtlinie 2006/122/EG) gebracht werden, allerdings sind sie so beständig, dass sie sich auch nach einigen Jahren nicht abbauen oder auflösen. Sie bleiben also langfristig, wenn nicht gar dauerhaft in der Umwelt.
Industrielle Nutzung und mögliche Schadstoff-Wege
Wodurch die perfluorierten Chemikalien in den Boden gelangt sind, ist daher rückwirkend nicht leicht zu rekonstruieren. Derartige Kohlenwasserstoffe sind allerdings auf jeden Fall industriell hergestellt worden, da sie sich nicht natürlich bilden. In der Industrie werden sie beispielsweise für die Imprägnierung von atmungsaktiver Freizeitkleidung, zur Herstellung von Löschschaum oder von Teflonbeschichtungen produziert und genutzt. Auch Lacke und Farben, die auch für das Bedrucken von Papier und Karton verwendet werden, enthalten oftmals PFC.
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in Alltagsprodukten ermöglichen allerdings auch, dass der Stoff durch sehr unterschiedliche Quellen und Wege in die Umwelt gelangen kann. Bei Löscheinsätzen der Feuerwehr, durch Industrieabfälle und -abwässer oder sogar durch das Waschen von Outdoor-Textilien in Privathaushalten können per- und polyfluorierte Substanzen in die Umwelt eingetragen werden. Löschübungen beispielsweise an Flughäfen haben zur Kontamination des Bodens und damit auch des Grundwassers geführt, so dass eine Grundwassersanierung vielerorts notwendig war. Die aufwendigen Reinigungsmaßnahmen des Wassers erfolgten mit Hilfe von Aktivkohlefiltern.
Aber nicht nur im Wasser lassen sich per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe nachweisen, sondern auch im Boden. Wie eingangs erwähnt, wurden in Baden-Württemberg auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stark erhöhte PFC-Werte gemessen. In Verdacht hierfür steht die Verwertung von Altpapier, welches kompostiert und als Düngemittel später auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht wurde. Bioabfälle werden seit vielen Jahren sinnvoller Weise in Deutschland gesammelt und beispielsweise als Biogas zur Energieerzeugung oder aber auch zur Düngung von Agrarflächen genutzt. Welche Stoffe dabei als Bioabfälle entsorgt werden können, ist dabei klar geregelt. Allerdings stand Altpapier zunächst nicht auf der Liste derjenigen Stoffe, die nicht kompostiert werden durften. Deshalb wurden vor 2006 nicht nur Papierschlämme von weißem Papier, sondern auch von gefärbten Papier und Karton kompostiert. Da Farben und Beschichtungen allerdings PFC enthalten können, darf solches Altpapier nicht mehr in den Biokreislauf gelangen. Weißes Papier aber enthält Cellulose und damit organischen Kohlenstoff, so dass die Kompostierung und Nutzung als Düngemittel zur Bodenverbesserung überaus sinnvoll ist. Eine Kontaminierung durch per- und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe ist hierdurch ausgeschlossen.
Perfluorierte Chemikalien bauen sich in der Natur nicht ab. Kontaminierte Böden sind daher kaum oder nur extrem aufwendig und kostenintensiv zu sanieren. Im Zweifel können kontaminierte Flächen nicht mehr für die Landwirtschaft genutzt werden.
Auswirkungen von PFC auf die Gesundheit
Zu den gesundheitlichen Risiken ist noch relativ wenig bekannt, zumal die Stoffgruppe der per- und polyfluorierten Chemikalien umfangreich ist. In Tierversuchen erwiesen sich die Stoffe nach kurzzeitiger Belastung über die Nahrung, die Luft und die Haut als mäßig giftig. Andere Ergebnisse zeigten jedoch die Langzeitstudien. Hier wurde die Bildung von Tumoren an der Leber und Bauchspeicheldrüse nachgewiesen. Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass einige PFC die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen können.
Linktipps:
Das Umweltbundesamt beantwortet einige Fragen zum Thema perfluorierter Kohlenwasserstoffe
Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einträge vermeiden - Umwelt schützen (Umweltbundesamt).
FAQ: Antworten auf häufig gestellte Fragen zur PFC-Belastung (Regierungspräsidium Karlsruhe, Baden-Württemberg)
Agenda 20. ordentliche Mitgliederversammlung des altlastenforum Baden-Wüttemberg e.V.
Text: Dr. Ute Münch, fachliche Durchsicht Prof. Dr. Holger Weiß Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)