In der Atmosphäre gibt es eine Vielzahl von winzigen Partikeln, sogenannten Aerosolen. Im Zusammenhang mit Luftverschmutzung werden diese häufig als Feinstaub bezeichnet. Aerosole können u.a. Sonnenlicht absorbieren oder streuen und als Kondensationskeime in Wolken fungieren. Sie haben somit eine wichtige Rolle im Klimasystem. Neben vom Menschen erzeugten Aerosolen gibt es auch natürliche Quellen wie Seesalz und Staubpartikel aus Trockenregionen dieser Erde. Eine dabei herausragend wichtige Quelle ist die weltgrößte Wüste, die Sahara. In Wüsten wird Staub durch starke bodennahe Winde in die Luft gehoben und kann dann über weite Strecken transportiert werden, bis die Staubkörnchen irgendwann zu Boden fallen und z.B. im Ozean versinken. Wie weit Staub transportiert werden kann – sowie viele Effekte des Staubs im Klimasystem – hängt von der Größenverteilung ab, also davon wie viele große und kleine Partikel es gibt. Leider ist diese Verteilung nach wie vor nicht im Detail bekannt.

Vor kurzem haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Königlich Niederländischen Instituts für Meeresforschung auf Bojen mitten im Atlantik, tausende von Kilometern entfernt von der Westküste Afrikas, „gigantische“ Staubpartikel gefunden. Mit bis zu einem halben Millimeter Durchmesser sind sie nach bisherigen Ansichten zu schwer, um sich mehrere Tage in der Luft zu halten. So lange nämlich dauert im optimalen Falle die Reise von Afrika zu den Bojen. Wie kommen diese „Giganten“ dahin? An möglichen Lösungen dieses Rätsel haben unter anderem Prof. Peter Knippertz und M.Sc. Philipp Zschenderlein vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO) des KIT gearbeitet. In Klimamodellen, mit denen die künftige Entwicklung des Klimas unter bestimmten Bedingungen berechnet wird, werden diese Partikel bislang nicht berücksichtigt.

Zu was für Fehlern das führt, ist im Moment noch unklar. Die „gigantischen“ Partikel beeinflussen in jedem Fall den Strahlungshaushalt der Atmosphäre, Tropfenbildung in Wolken und auch den ozeanischen Kohlenstoffkreislauf. Im Sommer ist es möglich, dass die Partikel auf ihrem Weg über den Atlantik mehrfach in Aufwinden von Gewitterzellen oder in tropischen Zyklonen (Hurrikane) gehoben werden. Dies konnte bereits aus Satellitendaten eindeutig abgeleitet werden. Ein weiterer möglicher Erklärungsfaktor sind elektrische Kräfte. Staubpartikel können durch Reibung aneinander Ladungen aufbauen (turbo-elektrischer Effekt) und somit im elektrischen Hintergrundfeld der Erde eine zusätzliche Hebung erfahren. Dafür spricht, dass man an den Bojen vor allem Quarzsandkörnchen findet, die besondere elektrische Eigenschaften haben.

Leider ist es bisher kaum möglich diese Effekte im Detail aus Messungen oder Computermodellen quantitativ abzuschätzen. Ein weiterer Effekt ist die atmosphärische Turbulenz. Bei den hohen Windgeschwindigkeiten, die für einen schnellen Transport der großen Partikel über den Atlantik nötig sind, kann durch Scherung starke Turbulenz entstehen. Diese kann vereinzelte Partikel immer wieder in die Höhe wirbeln, während andere sogar schneller als in ruhender Luft nach unten transportiert werden und in den Ozean fallen. In Zukunft braucht es weitere Messungen sowie theoretische und idealisierte Modellstudien, um die genannten Konzepte auf realistische Weise in Klimamodelle einbauen zu können.

Text: Peter Knippertz, Philipp Zschenderlein (KIT)

Referenzen

  Does, M. v. d., Knippertz, P., Zschenderlein, P., Harrison, R. G. & Stuut, J.-B. W. (2018). The mysterious long-range transport of giant mineral dust particles. Science Advances, 4(12):eaau2768, doi:10.1126/sciadv.aau2768

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