Seit dem 23. November 2014 schleudert der Vulkan Fogo auf der gleichnamigen kapverdischen Insel aus mehreren Förderschloten Tephra und Gas in den Himmel. Lavamassen rollen über die Insel und zerstörten mehrere Ortschaften. Tausende Menschen mussten bereits evakuiert werden. Der Flugverkehr über Fogo wurde zeitweise umgeleitet sowie von und nach Fogo eingestellt. Auch auf benachbarten Inseln wurden wegen der Ascheausbreitung Flüge gestrichen. Mittlerweile wird die Insel wieder angeflogen. Der Ausbruch gilt als der größte auf den Kapverden seit 60 Jahren.
Drei Wissenschaftler (Dr. Elske De Zeeuw van Dalfsen, Nicole Richter und Judith Levy) vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ sind seit 9. Januar 2015 auf der Insel, um den 2.829 Meter hohen Vulkan mittels Geländemessungen zu beobachten. Die Wissenschaftler sammeln Temperaturdaten und kartieren die topographischen Veränderungen. Darüber hinaus sind weitere Experten vom GFZ (Dr. Thomas Walter, Mehdi Nikkhoo) sowie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt - DLR (Pau Prats) dabei, um aus Satellitenmessungen die Lage und die Form der Bruchzone, an der Magma an die Erdoberfläche dringt, zu bestimmen. Die bereits ausgetretenen Lavamassen werden exakt ermittelt und vermessen und erlauben eine Vorhersage der Fließrichtungen künftiger Lavaströme. Das GFZ-DLR Team arbeitet in Kooperation mit der Universität der Kapverden sowie dem Vulkanobservatorium auf den Kanaren.
Im Interview mit der Wissensplattform Erde und Umwelt (ESKP) spricht Dr. Thomas Walter (GFZ) über die Messungen am Vulkan Fogo.
F: Können Sie die Art bzw. Ablauf der Messungen kurz beschreiben?
A: Es werden verschiedene Sensoren verwendet. Wir konzentrieren uns auf Satellitenradar, Infrarot und Lasermessungen. All diese Messungen erlauben aus sicherer Distanz, genaue Aussagen zu treffen zur Aktivität, Magmenbewegungen in der Tiefe und die Gefährdung am Vulkan. Die Satellitendaten werden durch die Europäische Weltraumbehörde ESA für den Fogo-Vulkan noch weiterhin zur Verfügung gestellt. Unsere eigenen Geräte dienen der Kartierung, erlauben aber auch zeitliche Veränderungen zu detektieren. Das Expeditionsteam auf Fogo sucht dazu ideale Messpunkte, stellt die Geräte auf und sichert die Daten. Darüber hinaus werden Gase, Erdbeben und andere Veränderungen durch unsere Partner vor Ort vermessen, so dass in Kooperation eine Bandbreite an Informationen zur Auswertung zur Verfügung steht.
F: Wie lange werden die Messungen vor Ort andauern?
A: Unser Feldeinsatz wird vorraussichtlich zwei Wochen dauern. Die Messungen mit Satelliten oder auch durch unsere Partner werden noch Monate oder Jahre andauern.
F: Mit welcher Geschwindigkeit hat sich die Lava maximal vorgearbeitet?
A: Genauere Daten hierzu müssen noch analysiert werden, jedoch zeigen Videoauswertungen Geschwindigkeiten von über 30 km pro Stunde auf, was aber in der Entfernung rasch abnimmt zu deutlich weniger als 3 km pro Stunde. Glücklicherweise konnten die Anwohner rechtzeitig gerettet werden.
F: Können Sie Aussagen über den weiteren Verlauf des Ausbruchs machen, also über seine Dauer und Intensität?
A: Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Eruption nachlässt. Noch heute gibt es aktive Lavaströme, die allerdings deutlich kürzer sind als noch vor wenigen Wochen. Wie lange der Ausbruch auf diesem Niveau noch andauert, lässt sich aus unseren Daten nicht ableiten. Allerdings nimmt die Explosivität und damit die Unberechenbarkeit des Vulkans wieder etwas zu.
F: Können durch die Messungen vor Ort auch generelle Vorhersagen über künftige Ausbrüche gemacht werden?
A: Ja, der jetzige Ausbruch ereignete sich beinahe exakt an der Position wo bereits 1995 eine Eruption stattfand. Dies interpretieren wir durch eine dominante Bruchzone, die wiederholt als Wegsamkeit für aufsteigendes Magma dient. Mit unseren Messungen konnten wir nun die Geometrie und Lage dieser Bruchzone errechnen. Diese Region wird insbesondere auch bei zukünftigen Ausbrüchen engmaschig beobachtet.
F: Lassen sich ihre Untersuchungsergebnisse auch auf andere Vulkane anwenden bzw. unterstützen diese ihre generellen Forschungsarbeiten?
A: Obgleich Vulkane zumeist eine eigene geologische Geschichte haben, sind die Physik und die Prozesse oftmals sehr vergleichbar. Daher wollen wir die Erkenntnisse auch mit jenen an anderen Vulkanen vergleichen.
F: Wie hoch sind die bisherigen Schäden auf Fogo durch den Vulkanausbruch?
A: Mehrere Ortschaften sind betroffen, wie beispielsweise Portela und Bagaiera, und andere kleinere Siedlungen. Dabei sind Häuser verschüttet, Straßen und andere Infrastruktur zerstört. Auch wirtschaftliche Folgeschäden sind zu erwarten, da lokale Landwirtschaft (z.B. Weinanbau) und Tourismus stark eingeschränkt sind. Über 1.500 Anwohner mussten fliehen, weitere 2.000 wurden evakuiert.
Das Interview führte Karl Dzuba (ESKP).
Weiterführende Informationen
Vulkan-Eruption auf den Kapverden (Pressemitteilung GFZ)