Die Bewohner der Kapverdischen Insel Fogo erleben derzeit wie ihre Heimat von der Natur umgestaltet wird. Seit Sonntag (23.11.2014) schleudert der Vulkan Fogo aus mehreren Förderschloten Tephra und Gas in den Himmel. Lavamassen rollen über die Insel.
Bereits im April hatten Wissenschaftler des vulkanologischen Instituts der Kanaren (INVOLCAN) und der Universität von Kapverden erhöhte Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2) am Fogo gemessen. Von einem Durchschnittswert von 117 Tonnen pro Tag stiegen die Werte auf über 300 Tonnen pro Tag an.
Da ansteigende Gasemissionen häufig aus einem Magmenaufstieg unter dem Vulkan resultieren und somit oftmals Vorläuferphänomene von Vulkanausbrüchen sind, behielten die Wissenschaftler den Stratovulkan mit seiner Gipfelcaldera unter Beobachtung. Zu einer konkreten Warnung vor einem bevorstehenden Ausbruch kam es dann vor einigen Wochen, als auf der Insel auch erhöhte seismische Aktivität gemessen wurde. Seit Samstagnacht (22.11.2014) verstärkte sich diese, woraufhin Bewohner in der Caldera aus ihren Häusern flüchteten.
In der Folge begann die Eruption, begleitet von einer Serie von Erdbeben. Entlang einer Linie südwestlich des Pico do Fogo, dem jungen, steilen Kegel inmitten der Caldera, kam es zu Explosionen an bis zu vier Förderschloten, unter anderem am Pico Pequeno. Dazwischen stiegen aus Eruptionsspalten Lavafontänen empor und es ergossen sich Lavaflüsse. Die Schlote eruptierten neben Gasen auch Lapilli und Bomben in 100 Meter Höhe, berichtet die Geologin Sónia Silva von der Universität von Kapverden; Asche wurde noch weiter und höher transportiert. Die pyroklastischen Produkte fielen in unmittelbarer Nähe des Vulkans nieder. Die Eruption wurde von Gasemissionen begleitet. Satellitenaufnahmen zeigten zudem eine Wolke aus Schwefeldioxid, die sich nach Angaben des vulkanischen Beratungszentrums (VAAC) in neun Kilometer Höhe in nordwestlicher Richtung bewegte. Die Lavaströme bewegen sich laut Silva mit Geschwindigkeiten bis zu 50 Metern pro Stunde in Richtung Süden und Nordwesten. Im Wechsel bilden sich Aa- oder Pahoehoe-Laven, letztere erreichen Mächtigkeiten von vier bis fünf Metern. Nach einer initialen Phase ging der Ausstoß von Gasen zurück und die Explosivität der Eruptionen ließ nach.
Der Aviation Color Code wurde am Sonntag auf Rot gesetzt und der Flugverkehr über Fogo entsprechend umgeleitet sowie von und nach Fogo eingestellt. Auch auf benachbarten Inseln wurden wegen der Ascheausbreitung Flüge gestrichen.
Die Eruption wird derzeit auf VEI 3 (Vulkanaktivitätsindex) eingestuft. Laut Bruno Faria, dem für vulkanische Aktivität zuständigen Wissenschaftler vom Geophysikalischen und Meteorologischen Institut (INMG), ist der Vulkanausbruch stärker als der letzte von 1995. Er sei eher vergleichbar mit dem von 1951, dem stärksten in historischer Zeit. Faria rechnet mit einer Dauer des Ausbruchs von ca. zwei Monaten.
Heißer Fleck im Erdmantel als Ursache für Vulkanausbruch
Innerhalb der Caldera am Rande von alten Lavafeldern am Fuße des Pico de Fogo liegt die Siedlung Chã das Caldeiras. Von hier wurden schon am Sonntag etwa 2.100 Menschen evakuiert, weswegen es bisher noch keine Todesfälle gab. Die Bewohner der Insel bauen auf den fruchtbaren Vulkanablagerungen Kaffee und Wein an. Sowohl diese als auch viele Häuser werden durch den derzeitigen Vulkanausbruch zerstört. Der Nationalpark, der von den Lavamassen überflossen worden ist, wird von nun an eine neue geologische Schicht aufweisen.
Ursache für die vulkanischen Aktivitäten der Kapverden ist ein heißer Fleck im Erdmantel, der mit der Öffnung des Atlantiks vor etwa 150 Millionen Jahren in Zusammenhang steht. Etwa 500 km westlich von Senegal, erhebt sich unter dem Meeresspiegel auf einer Fläche von 1.200 km2 die Kapverdenschwelle bis 2 km über den Meeresboden. Sie ist die größte bathymetrische Erhebung der Erde. Darauf lagert der vulkanische Archipel der Kapverden mit seinen zehn Hauptinseln, mehreren kleineren Inseln und einigen Tiefseebergen (Seamounts). Nur die Vulkaninseln Brava und die jüngste Fogo waren auch im Holozän aktiv. Die kreisförmige Insel Fogo hat einen Durchmesser von etwa 25 Kilometern. Vom Zentrum in Richtung Nordosten ist sie durch eine neun Kilometer breite Caldera geprägt, die sich nach Osten ins Meer öffnet. In dieser Caldera erhebt sich steil der Stratovulkan Pico do Fogo, 1.000 m über dem Calderaboden, 2.829 m über dem Meeresspiegel.
Der Pico do Fogo war seit der portugiesischen Besiedlung der Insel im 15. Jahrhundert bis etwa 1760 aktiv und eruptierte währenddessen etwa alle 20 Jahre. Danach verlagerte sich die Aktivität auf naheliegende kleinere Kegel innerhalb der Caldera. Zuletzt brach Fogo 1995 aus.
Text: Christina Bonanati, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel