Der etwa 1.500 m hohe Hekla-Vulkan im Südwesten von Island bietet einen friedlichen und zum Wandern einladenden Anblick. Doch der Schein trügt: Hekla gehört zu den aktivsten Vulkanen Islands, der zuletzt im Jahre 2000 aktiv war. In der Vergangenheit haben sich mehrere gewaltige Vulkanausbrüche ereignet, bei denen enorme Mengen an vulkanischer Asche ausgeschleudert wurden. Noch heute sind diese Aschen als mächtige Ablagerungen auf Island nachweisbar.
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Sabine Wulf/GFZ)
Die Magmakammer des Hekla reicht bis in 8 km Tiefe. Die Zusammensetzung des Magma variiert zwischen andesitischem (52 % Kieselsäure) und rhyolithischem Magma (70 % Kieselsäure). Kieselsäure- (SiO2) und Wassergehalt beeinflussen die Explosivität des Vulkans und die Fließgeschwindigkeit der Lava. Je höher deren Gehalt, umso zäher (viskoser) wird der Gesteinsbrei und umso heftiger wird die Explosion. Das Foto zeigt mächtige Bims- und Ascheablagerungen einer Hekla-Eruption von vor ca. 4.300 Jahren vor heute. Bims ist ein poröses, leichtes, glasiges Vulkangestein, das durch das Aufschäumen von zähflüssigem, gasreichem Magma entsteht. Feine Asche dieser Hekla-Eruption wurde durch starke Winde weit Richtung Südosten transportiert und kann in vielen Seen in Irland, Großbritannien, Schweden und sogar Norddeutschland gefunden werden.
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S. Wulf / GFZ)
Eldgjá (dt. Feuerspalte) ist eine 8 km lange und 150 m tiefe Spalte, die mit dem Vulkan Katla in Verbindung steht. Das annähernd schwarze Lavagestein und die Bimse haben eine basaltische Zusammensetzung, d.h. sie enthalten wenig Kieselsäure, dafür aber umso mehr Eisen-, Kalzium- und Magnesium-Silikate (Silikate sind Verbindungen zw. Silizium und Sauerstoff). Die Eldgjá-Eruption im Jahre 934 n.Chr. gehört zu einer der gewaltigsten historischen Ausbrüche weltweit, die sowohl Vulkanasche als auch riesige Lavamengen freisetzte. Die hohe Explosivität dieses ursprünglich sehr dünnflüssigen Magmas lässt sich durch dessen Kontakt mit Gletschereis erklären. Spuren der Eldgjá-Tephra wurden u. a. in den Grönland-Eiskernen gefunden und belegen somit einen relativ weiten Transport der Asche Richtung Westen.
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Die Laki-Krater befinden sich im Süden Islands. Die Kraterreihe wird dem Vulkansystem des Grímsvötn zugerechnet. Dies wird unter anderem damit begründet, dass der Grímsvötn im Jahre 1783 n.Chr. gleichzeitig mit den Lakikratern ausbrach. Das Foto zeigt einen erstarrten Lavastrom der Laki-Eruption an der Südküste Islands. Die ausgestoßene Lavamenge ist die zweitgrößte in historischer Zeit in Island nach der Eldgjá-Eruption. Aschewolken und enorme Mengen an giftigen Gasen – insbesondere Schwefeldioxid – führten zur Verdunkelung der Atmosphäre und damit zu ungewöhnlich kurzen und kalten Sommern in Island und Nordwesteuropa. Im Hintergrund ist der Öræfajökull-Vulkan und Ausläufer des Vatnajökull-Gletschers im Südosten Islands zu erkennen. Der Gletscher ist mit einer Fläche von über 8.000 km² der Größte in Europa.
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S. Wulf/GFZ)
Das Veiðivötn-Vulkansystem mit Vulkankraterseen und Aschekegeln der Eruptionen von 1477 n.Chr. Die Kraterseen liegen im Hochland von Island und bilden ein von Südwest nach Nordost verlaufendes Spaltensystem, zu dem auch der Bárðarbunga gehört. Im Hintergrund ist die Kraterreihe des Vatnaöldur zur erkennen, der 870 n.Chr. große Mengen an dunkler basaltischer Asche ausgestoßen hatte. Zeitgleich förderte der benachbarte Torfajökull helle, rhyolitische Bimse, die zusammen mit den Basalten als zweifarbige Aschelage auf ganz Island zu finden sind. Diese sogenannte „Landnám“-Tephra spielt in der Tephrochronologie – der Datierung von Ereignissen anhand von Vulkanaschen - eine wichtige Rolle, da sie den Beginn der Besiedlung von Island markiert. Da jeder Vulkan seine eigene und ganz spezielle chemische Signatur besitzt, kann die chemische Zusammensetzung einer Tephra Hinweise auf deren Herkunft geben.
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S. Wulf/GFZ)
Die in den Seeablagerungen gefundenen vulkanischen Gläser werden im Labor (siehe Bild der Mikrosonde am GFZ) analysiert und mit Daten der bekannten und zeitlich eingestuften Aschen in Vulkannähe korreliert. Stimmen die chemischen Signaturen überein, kann man das Alter der korrelierten vulkannahen Asche in das Altersmodell der Böden oder anderer Sedimentablagerungen übertragen. Diese Alter werden oft über die Radiokarbon-Methode (z.B. Altersbestimmung von verbrannten Holzresten in den vulkannahen Bimsablagerungen), die K/Ar-Methode (direkte Altersbestimmung von kaliumreichen Mineralen in den Aschen) oder Warvenchronologien (Zählung von Jahresschichten in den Seeablagerungen) bestimmt.
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Feine Vulkanasche kann je nach Explosivitätsstärke und Windbedingungen zum Zeitpunkt des Ausbruches über weite Strecken (> 2.000 km) transportiert und im Meer oder auf dem Festland abgelagert werden. Tiefe, sauerstoffarme Seen mit fehlenden Bodenwühlern sind ideal, um nicht nur diese Aschen, sondern auch Jahresschichten der Seeablagerungen - sogenannte Warven - zu erhalten. Die Seeablagerungen ermöglichen deshalb eine zeitlich hochauflösende Rekonstruktion der vergangenen Umwelt- und Klimaveränderungen. Die Vulkanaschen sind dabei wichtige Zeit- und Korrelationsmarker. Gezeigt ist die 2 cm dicke „Laacher See Tephra“ in alten jahresgeschichteten Seeablagerungen aus der Rehwiese in Berlin (rechts) und ihre Vergrößerung mit dem Elektronenmikroskop (links) mit typischen blasenreichen Bimsen und Mineralen. Die Laacher See Tephra stammt von einem hochexplosiven Ausbruch in der Vulkaneifel, der vor etwa 12.900 Jahren vor heute stattfand. Sie ist über weite Teile Deutschlands verbreitet bis hin nach Südschweden, Ostfrankreich und Norditalien. Je weiter Vulkanaschen transportiert werden, umso kleiner sind die Mengen und Korngrößen. In weit entfernten Seen sind diese Aschen oft nicht mehr als sichtbare Lagen in den Seeablagerung zu erkennen, sondern müssen mikroanalytisch aufgespürt werden.
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S. Wulf/GFZ)
Die Aschelagen in den Seeablagerungen stellen bei der Rekonstruktion des Klimas der Vergangenheit in diesen Sedimenten wichtige Zeitmarker dar. Außerdem sind sie Korrelationshorizonte, anhand derer sich bestimmte Zeitabschnitte einzelner Klimaarchive aus unterschiedlichen Regionen direkt vergleichen lassen. Sie sind also wichtig, um zeitliche und räumliche Änderungen der Auswirkungen vergangener Klimaänderungen auf die Umwelt zu erfassen. Die Karte (links) zeigt die Verbreitungsfächer (graue Bereiche) der Laacher See Tephra sowie Sedimentkerne in denen die Vulkanasche nachgewiesen wurde. Zu erkennen sind die unterschiedlichen Dicken der Aschelagen in dem vulkannahen See „Meerfelder Maar“ in der Westeifel sowie in den vulkanferneren ausgetrockneten Seen „Rehwiese“ in Berlin und „Trzechowskie“ in Nordwestpolen. In letzterem ist die Asche nicht mehr als Lage sichtbar. Zählt man nun die Jahreslagen von der Laacher See Tephra rauf bis zu einem Übergang, in dem sich die Zusammensetzung der Seeablagerung aufgrund einer abrupten Klimaänderung im Spätglazial (Übergang von der letzten Eiszeit zur heutigen Warmzeit) – in diesem Fall der Übergang von dem wärmeren Allerøds zur kälteren und stürmischeren Jüngeren Dryas – ändert, erkennt man, dass diese Veränderungen zeitgleich aber mit unterschiedlichen Intensitäten in allen drei Seen stattfanden (siehe Veröffentlichung Wulf et al., 2013).
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S. Wulf/GFZ)
In der Vergangenheit gab es noch weitere abrupte Klimaänderungen, die in Nord- und Mitteleuropa mit Hilfe anderer jahreszeitlich geschichteter Seeablagerungen und isländischer Vulkanaschen genauer untersucht werden können. Als Beispiele sind hier zwei mikroskopische Aufnahmen von braunen, relativ blasenarmen vulkanischen Glasscherben der Saksunarvatn-Tephra (vermutlich des Vulkans Grimsvötn, Foto oben) und ein helles, blasenreiches Glas der Askja-Tephra (Vulkan Askja, Foto unten) zu sehen, die unter Seeablagerungen in Mecklenburg-Vorpommern gefunden wurden. Die Askja-Tephra ist aus dem Jahr 1875 n. Chr., während die Saksunarvatn-Tephra etwa 10.230 Jahre alt ist. Letztere stellt einen bedeutenden Leithorizont im zu heute vergleichbaren warmen Boreal (ca. 10.700 - 9.300 Jahre vor heute) dar und ist sehr gut geeignet, um den klimatischen Übergang vom Präboreal (ca. 11.600–10.700 Jahre vor heute) zu untersuchen. Die Askja-Tephra stammt von einem der stärksten historischen Ausbrüche Islands. Sie bildet einen wichtigen Korrelationshorizont für etliche Klimaarchive in Skandinavien, Norddeutschland, Nordpolen und Lettland am Ende der „Kleinen Eiszeit“ (1250 bis 1850 n.Chr.).
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N. Dräger/GFZ; Grafik: S. Wulf/GFZ)