Die Eruptionen am Vulkan Ätna Anfang Dezember zählen zu den stärksten der vergangenen 20 Jahre. Europas größter Vulkan im Osten Siziliens produzierte an seinem Zentralkrater bis zu einem Kilometer hohe Lavafontänen und sieben Kilometer hohe Eruptionssäulen.
Seit 2013 ist der Südostkrater des Ätnas aktiv. In mehreren vulkanischen Episoden kam es zu anhaltenden strombolianischen Aktivitäten am Gipfel sowie Lavaströmen aus seiner nordöstlichen Flanke. Im Oktober dieses Jahres war am Neuen Südostkrater ein neuer Pitkrater (Schachtkrater), ein Einbruchkrater über einem Hohlraum, der durch unterirdisch abfließendes Magma entstanden ist. Die schwache strombolianische Aktivität war durch seismische Aktivität an der Ost- und Nordwestflanke des Ätnas angekündigt worden. Zunächst kam es im Voraginekrater verstärkt zu sporadischer Freisetzung von Asche. Ende Oktober wurden dann stärkere strombolianische Explosionen beobachtet. Seit Anfang November sind die seismischen Signale angestiegen. Die Erdbebenherde verlagerten sich immer weiter an die Oberfläche und wanderten vom Zentrum des Gipfels in Richtung Südosten und Süden.
Am 3. Dezember 2015 kam es dann im Voraginekrater zu einer heftigen einstündigen paroxymalen Eruption (langsam steigernden Eruption) mit bis zu ein Kilometer hohen Lavafontänen. Viele Regionen Nordostsiziliens und Kalabriens waren von Ascheregen betroffen. Am Tag darauf folgte ein weiterer und noch heftigerer Paroxysmus mit hohen Lavafontänen und bis zu sieben Kilometer hohen Eruptionssäulen. Grobe Pyroklastika fielen hauptsächlich im oberen Teil der Südwestflanke, Ascheregen wurde von der Ostflanke beobachtet.
Nach zwei weiteren solcher Phasen verschob sich die eruptive Tätigkeit am Montag (7.12.2015) zum Neuen Südostkrater.
Entwicklung vom Ätna
Der Ätna ist das Ergebnis einer komplexen geologischen Entwicklungsgeschichte. Er bildete sich durch plattentektonisch induzierte Deformationen und vulkanische Aktivität an unterschiedlichen Eruptionszentren. Die Aufzeichnungen seiner eruptiven Tätigkeiten reichen 600.000 Jahre zurück. Heute ragt der Vulkan 3.328 m über dem Meer heraus und ist der höchste Vulkan Europas. Er bedeckt eine Fläche von 1.178 km2.
Aus mehreren Eruptionszentren bildete sich ein Schildvulkan beachtlicher Höhe. Der finale Stratovulkan wie er heute vorhanden ist, ist im Pleistozän und Holozän aus den Ablagerungen der Ellittico- und Mongibello-Vulkane bis zu einer Gipfelhöhe von 3.600 m aufgebaut worden. Eine riesige Caldera bildete sich und wurde durch Produkte der nachfolgende Eruptionen am Mongibello aufgefüllt, die den neuen Gipfel bilden und heute einen Großteil vom Ätna überdecken. Vor 10.000 Jahren wurde bei einem katastrophalen Bergsturz das riesige Tal Valle del Bove an der Ostflanke des Ätnas gebildet.
Die historischen Aufzeichnungen der vulkanischen Tätigkeiten am Ätna sind lang. Sie reichen zurück bis 1500 v. Chr. Basaltische Lavaströme aus historischer Zeit bedecken einen Großteil des Vulkans. Ätna zählt nach Kilauea auf Hawaii als zweitproduktivster Vulkan der Erde. Auch in jüngerer historischer Zeit fanden am Ätna viele Eruptionen statt: Bis 1911 waren die Aktivitäten am Gipfel auf den sogenannten Zentralkrater beschränkt. Danach bildeten sich bis heute fünf weitere prominente Krater: Bocca Nuova, Voragine sowie der Nordost-, der Südost- und der Neue Südost-Krater.
1911 entstand ein Pitkrater im Nordosten des Zentralkraters. Dieser wird heute Nordostkrater genannt. Hier bildete sich ein riesiger Kegel, der in den Jahren darauf zum höchsten Punkt des Ätnas heranwuchs. 1968 entstand ein neuer Pitkrater nordwestlich des Zentralkraters: der Bocca Nuova. 1971 bildete sich durch eine weitere Explosion der vierte Gipfelkrater: der Südost-Krater, über welchem sich zwischen 1978 und 2011 ein Kegel bildete. Eine Serie an Eruptionen in der Bocca Nuova seit Oktober 2000 gipfelte in der Flankeneruption im Juli 2001. Ein weiterer Pitkrater bildete sich 2007-2009. Dieser war Ursprung der Episoden von Lavafontänen im Januar 2011. Sie verlagerten sich vom Südostkrater ostwärts, wo aus einem neuen Pitkrater der Kegel des neuen Südkraters entstand.
Typisch für den Ätna sind langanhaltende explosive Eruptionen an den Gipfelkratern, wobei auch kleinere Lavaflüsse entstehen. Weniger häufig kommt es zu Eruptionen an den Flankenschloten, meist jedoch mit höheren Ausflussraten. Sie entstehen an Spalten, die sich vom Gipfel nach unten aufbauen. Dies wird meist von strombolianischen Eruptionen am Gipfel begleitet. Über den Schloten und an den Lavafeldern am Fuß der Flanken bilden sich oft Schlackekegel wie bei den Ausbrüchen von 2001-2003. Lavaflüsse ergießen sich bis an den Fuß des Vulkanes zu allen Seiten und haben über weite Bereiche das Meer an den Südostflanken erreicht. Während die Lavaströme meistens ins Valle del Bove münden und keinen weiteren Schaden anrichten, kann die Tephra aus der Eruptionswolke in vielen Kilometern Entfernung niedergehen. Besonders betroffen sind die Ortschaften im Osten des Ätnas bis hinunter zur Küste.
Text: Christina Bonanati, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel