Ende August 2014 bildete sich nordöstlich des Bardarbunga-Vulkansystems im Holuhraun-Lavafeld auf Island eine effusive Spalteneruption. Hieraus strömt seitdem kontinuierlich Lava und große Mengen an vulkanischen Gasen, überwiegend Schwefeldioxid (SO2), werden emittiert. Die Freisetzung von Asche spielt bei diesem Ausbruch keine Rolle, im Gegensatz zum Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 in Island, der auf Grund der hohen Ascheemissionen eine mehrtägige Sperrung des europäischen Luftraumes zur Folge hatte. Dafür stellen die hohen Schwefeldioxidemissionen, die aus der Holuhraunspalte vor allem in die untere Troposphäre emittiert werden, eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen auf Island dar. Laut Schätzungen des Isländischen Wetterdienstes wurden im September 2014 zwischen 20.000 – 60.000 Tonnen SO2 pro Tag freigesetzt. Im Vergleich dazu emittieren die Länder der Europäischen Union zusammen täglich ca. 14.000 Tonnen SO2 vorwiegend aus der Energieerzeugung.
Die vulkanischen SO2-Emissionen beeinträchtigen die Luftqualität nicht nur in der Nähe der Ausbruchsstelle sondern, je nach Wetterlage, auch in anderen, zum Teil besiedelten Gebieten in Island. Im ost-isländischen Reyðarfjörður wurden am 12. September 2014 auf Grund andauernder Westwinde Schwefeldioxidkonzentrationen von fast 4.000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Dies ist der höchste gemessene Wert seit Beginn der Messungen in Island im Jahr 1970 und liegt weit über dem europaweiten 1-Stunden-Grenzwert von 350 µg/m3. Dieser Wert wurde am 26. Oktober 2014 in Höfn im Osten Islands mit 9.000-10.000 µg/m3 sogar noch überschritten. Die Bewohner der betroffenen Regionen wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben sowie Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Hohe Messwerte auch außerhalb Islands
Auch außerhalb von Island, vor allem in Norwegen, konnten regelmäßig erhöhte SO2-Konzentrationen nachgewiesen werden. Am 22. September 2014 wurden ungewöhnlich hohe SO2-Werte sogar in einigen Regionen von Österreich und am deutschen Alpenrand registriert. Diese hohen Werte stimmen mit den Vorhersagen überein (siehe Abbildung), die täglich seit Beginn des Ausbruches mit dem Chemietransportmodell EURAD-IM am Forschungszentrum Jülich (FZJ) und dem Rheinisches Institut für Umweltforschung an der Universität zu Köln (RIU) durchgeführt werden. Mit Hilfe dieser Modellrechnungen konnte zudem gezeigt werden, dass die auffällig hohen Messwerte ebenfalls auf einen Transport vom isländischen Bardarbunga nach Mitteleuropa zurückzuführen sind.
Laut der aktuellen Meldungen vom Isländischen Wetterdienst wurden seit dem 5. Februar 2015 in besiedelten Gebieten keine gesundheitsgefährdend hohen Schwefeldioxidwerte mehr gemessen. Dieser Rückgang der Emissionen kann durch die Abschwächung der gesamten seismischen und vulkanischen Aktivität des Bardarbunga-Vulkansystems erklärt und gestützt werden.
Text: Dr. Luise Fröhlich, Forschungszentrum Jülich (FZJ)/ Rheinisches Institut für Umweltforschung an der Universität zu Köln (RIU).