Entlang von Subduktionszonen, wo eine ozeanische unter eine kontinentale tektonische Platte abtaucht, kommt es immer wieder zu starken Erdbeben. Da die Platten an ihren Rändern miteinander verhakt sind, bauen sich im Laufe der Zeit große Spannungen auf, die sich in Erdbeben entladen. Subduktionszonen befinden sich oftmals vor Küstengebieten, beispielsweise vor Südamerika und Japan im Pazifik oder auch vor Indonesien im Indischen Ozean. Starke Erdbeben, die entlang einer solchen Subduktionszone ausgelöst werden, können Tsunami auslösen. Viel Zeit für eine Frühwarnung bleibt für die nahegelegenen Küstenabschnitte in einem solchen Fall nicht, oftmals sind es nur 15 bis 30 Minuten.
Die meisten Tsunami-Frühwarnsysteme ermitteln die Gefahr für einen Tsunami anhand der Erdbebendaten. Hierbei spielen die Stärke (Magnitude, M > 6,5) und die Tiefe (< 70 km) eine große Rolle. Zwar stehen die Erdbebeninformationen beinahe in Echtzeit zur Verfügung, allerdings ändert sich die Angabe der Magnitude insbesondere bei Starkbeben oftmals noch einmal. So kommt es vor, dass diese nach oben oder auch unten korrigiert werden muss.
Hinzu kommt, dass die Quelle starker Erdbeben nicht als punktförmig betrachtet werden kann, sondern eine erhebliche Ausdehnung hat, was bei der Tsunamifrühwarnung berücksichtigt werden muss. So hat das Beben zwar einen Ausgangspunkt (Hypozentrum), aber von dort aus bricht die Erde oftmals einige 100 Kilometer weit auf. Beim Erdbeben, welches sich am 11. März vor der Küste Japans ereignete, breitete sich der Bruch beispielsweise innerhalb von dreieinhalb Minuten auf einer Länge von 400 km und einer Breite von 60 km aus. Das Erdbeben verursachte eine Absenkung der Küsten, z. B. um 40 cm in Onahama, Iwaki und um bis zu 120 cm auf der Oshika-Halbinsel, wodurch die Überflutungsgefahr der Küsten zusätzlich erhöht wurde (s. Karte).
Um die Gefährdung durch einen Tsunami also direkt nach dem Beben für die nahegelegenen Küstenabschnitte abschätzen zu können, reichen die seismischen Messungen deshalb oftmals nicht aus. Wissenschaftler des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) führen aus diesem Grund GPS-Daten, also Informationen des Satelliten-Navigationssystems, mit den Erdbebendaten zusammen. Sie nutzen den Vorteil, dass GPS-Empfänger millimetergenau die Bewegungen des Untergrundes aufzeichnen. Verändert sich durch das Beben die Lage der Messstation horizontal und/oder vertikal, kann mit Hilfe von Computerprogrammen und den Informationen von mehreren GPS-Stationen dann berechnet werden, wo die Bruchfläche liegt und wie stark sich die Platten gegeneinander verschoben haben.
Durch die Kombination von seismischen und GPS-Daten lässt sich demzufolge die Richtung und das Ausmaß eines Erdbebenbruches schnell bestimmen und auch die Entstehung eines Tsunami rasch abschätzen. Mit Hilfe von Computermodellen kann dann innerhalb von Minuten berechnet werden, an welchem Küstenabschnitt mit einem Tsunami zu rechnen ist (ungefähre Wellenhöhe und Ankunftszeit).
Inzwischen findet diese Technologie beispielsweise im Indonesischen Tsunamifrühwarnsystem Anwendung. Dieses System wurde mit Unterstützung deutscher Wissenschaftler und Techniker unter Leitung des GFZ in Betrieb genommen. Mehr Informationen hierzu sind in einer Broschüre zusammengefasst.
Publikation
Hoechner, A., Ge, M., Babeyko, A. Y., and Sobolev, S. V.: Instant tsunami early warning based on real-time GPS - Tohoku 2011 case study, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 13, 1285-1292, doi:10.5194/nhess-13-1285-2013, 2013.
Text: Dr. Ute Münch, Wissensplattform Erde und Umwelt; fachliche Durchsicht und Ergänzungen Dr. Andreas Höchner, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)