Insgesamt waren knapp 30 Millionen Menschen auf Haiti, Kuba, den Bahamas und den USA von Hurrikan Matthew betroffen. Auf seinem Weg durch die Karibik und entlang der US-amerikanischen Ostküste traf der Hurrikan vier Mal auf Festland und sorgte mit seinen hohen Windgeschwindigkeiten und starken Niederschlägen für zahlreiche Todesopfer und große Verwüstungen. Darüber hinaus verursachte der Hurrikan enorme Sturmfluten.

Entstehung von Matthew und Verlauf

Matthew organisierte sich am 28. September 2016 aus einer Ansammlung von Gewitterkomplexen zu einem Tropensturm, überquerte die Kleinen Antillen westwärts und erreichte tags darauf über der südlichen Karibik erstmals eine mittlere Windstärke von über 119 km/h. Ab dieser Windstärke gilt ein Sturm als Hurrikan. Ungewöhnlich schnell intensivierte sich Matthew und verlagerte sich knapp nördlich an Kolumbien vorbei nach Westen, um dann auf einen Nordkurs einzuschwenken. Am 4. Oktober 2016 traf er als Hurrikan der zweithöchsten Kategorie 4 mit mittleren Windgeschwindigkeiten von 232 km/h auf die Westspitze Haitis. Im inneren Regenband erreichten die stündlichen Niederschlagsraten bis zu 229 mm.  Wolken türmten sich bis in eine Höhe von 16 km. Zum Vergleich: In Berlin fallen 570 mm Niederschlag innerhalb eines Jahres. Auch in weiter Entfernung vom Sturmzentrum wurden noch immense Niederschlagsraten verzeichnet. Während der nächsten 48 Stunden zog Matthew in etwas abgeschwächter Form nordwärts über den äußersten Osten Kubas hinweg und erreichte die Bahamas, wo er wieder etwas an Intensität zulegte.

Matthew erreicht die USA

Anschließend verlagerte sich der Hurrikan in geringer Entfernung zur Küste von Florida und Georgia weiter Richtung Nordosten. Am 8. Oktober 2016 erreichte Matthew als Wirbelsturm der Kategorie 1 (Windgeschwindigkeiten zwischen 119 und 153 km/h) mit seinem Zentrum kurzzeitig das Festland South Carolinas, bevor er tags darauf nach Osten abdrehte und seinen Status als Hurrikan verlor. Auch im Südosten der USA brachte Matthew extrem hohe Niederschläge. An den Küsten von Florida bis North Carolina wurden historisch hohe Sturmfluten gemessen. An einzelnen Pegeln, die seit den 1930iger Jahren Bestand hatten, traten neue Höchststände auf. Auch Flüsse erreichten historische Wasserstände und sogar in Kanada waren die Auswirkungen des Sturmes noch zu spüren.

Ein Hurrikan bezieht seine Energie aus den hohen Wassertemperaturen des subtropischen Atlantiks. Bei Wassertemperaturen, die bis in eine Tiefe von 60 bis 100 Meter Temperaturen von mehr als 26,5 Grad Celsius aufweisen, kann viel Feuchtigkeit verdunsten, die beim Aufstieg in der Atmosphäre wieder kondensiert. Bei der Kondensation wird Wärme frei, und diese Wärmeenergie wird wieder an die Luftmassen abgegeben, so dass der Sturm stetig angetrieben wird. Die atmosphärischen Bedingungen erwiesen sich bei Matthew entlang seiner Zugbahn als überaus günstig. Matthew legte seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen (1966) in seinem Verlauf die fünftlängste Strecke als Hurrikan (mind. Kategorie 3) zurück und erwies sich mit 7,25 Tagen in dieser Intensität als ungewöhnlich langlebig für Ende September. Insgesamt geht Matthew als ein außergewöhnlicher Hurrikan, der zahlreiche neue Rekorde aufstellte, in die Annalen ein.

Krisenmanagement in den USA

In den USA wurden in den Tagen vor dem Eintreffen des Hurrikans die Menschen in gefährdeten Gebieten aufgerufen diese zu verlassen. Zahlreiche Städte und Gemeinden wurden evakuiert. Damit diese schnell Maßnahmen schnell umgesetzt werden konnten, wurden beispielsweise im Bundesstaat Florida die Autobahngebühren erlassen. In South Carolina durften zusätzlich Autobahnspuren in entgegengesetzter Fahrtrichtung genutzt werden.

Opferzahlen und Schadensausmaß auf Haiti

Haiti hingegen wurde erneut stark getroffen. Hier kamen in Folge von Hurrikan Matthew nach Regierungsangaben 546 Menschen ums Leben, 439 wurden verletzt. 128 Menschen wurden noch vermisst (Stand 14.10.2016). Es werden aber noch mehr Tote befürchtet. Knapp 180.000 Menschen mussten in Notunterkünften untergebracht werden. Nach Schätzungen der Wissenschaftler des Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology CEDIM am Karlsruher Institut für Technologie KIT könnte die Zahl der Todesoper noch bis zu 1.600 steigen, und die Zahl derjenigen, die infolge des Hurrikans ihre Häuser verlassen mussten, auf 1,6 Millionen. Auch die Schäden auf Haiti sind besonders weitreichend: die Schätzungen gehen von einer Größenordnung von $2,25 Mrd. aus, wobei derzeit noch unklar ist, welcher Anteil der Schäden auf den Wind bzw. auf die Überschwemmungen infolge der starken Regenfälle zurückzuführen ist. Die Menschen im stark getroffenen Südwesten Haitis leben vor allem von der Landwirtschaft. Nach den Hurrikanen in 2004, 2008 und 2012 bedeutet Hurrikan Matthew 2016 folglich weitere große Schäden und Rückschläge für die (Land)Wirtschaft. Diese hatte sich noch immer nicht vollständig von den Folgen des verheerenden Erdbebens 2010 erholt.

Kategorien eines tropischen Wirbelsturms nach der Saffir-Simpson Hurrikan-Skala

Kategorie

Wind (km/h)

Druck (hPa)

Sturmflut (m)

1

119–153

≥ 980

1,0–2,0

2

154–177

965–979

2,0–2,5

3

178–208

945–964

2,5–4,0

4

209–251

920–944

4,0–5,5

5

≥ 252

< 920

≥ 5,5

Weiterführende Informationen

 Der komplette, aktualisierte Bericht des Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology CEDIM zum Hurrikan Matthew ist hier zu finden.
 Informationen zu Wettergefahren.
 Augenzeugenberichte aus Haiti im Blog der Engineers Without Borders am Karlsruher Institut für Technologie KIT.

Text und Daten: CEDIM, eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung des Karlsruher Instituts für Technologie, Bernhard Mühr (Karlsruher Institut für Technologie)

Text, Fotos und Grafiken soweit nicht andere Lizenzen betroffen: eskp.de | CC BY 4.0
eskp.de | Earth System Knowledge Platform – die Wissensplattform des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft