Für das vorliegende ESKP-Forschungsthema "Vulkanismus" haben wir ausgewählte Beiträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich (FZJ), des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ), des Helmholtz-Zentrums München (HZM) und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) u.a. zusammengestellt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erklärt darüber hinaus die Gefahren von Vulkanasche für Flugzeugtriebwerke. Zu den ausführlichen Artikeln der Forschenden der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren und weitergehenden Informationen bitte den jeweiligen Verlinkungen folgen.

Themenspezial Vulkanismus und Gesellschaft

Einen fundierten Einblick in die aktuelle Vulkanforschung bietet das im Juli 2020 fertiggestellte ESKP-Themenspezial „Vulkanismus und Gesellschaft. Zwischen Risiko, Vorsorge und Faszination“. Neben einführenden Grundlagen zur systematischen Unterteilung von Vulkanen, zu Lavaseen und vulkanischen Seen widmet es sich dem Gefahrenpotenzial von Vulkanen und der riskanten Beziehung von Gesellschaft und Vulkanismus. Das betrifft das Risikomanagement für Städte, die in der Nähe oder sogar auf Vulkanfeldern liegen, die Bedrohung des Flugverkehrs durch Vulkanasche oder die enge Beziehung zwischen Klima und Vulkanismus. Darüber hinaus gibt es Vulkantouristen und Reisenden in Gebiete mit aktiven Vulkanen Tipps zum richtigen Verhalten.

Das Themenspezial zeigt die High-Tech-Methoden, mit denen heute Vulkanbeobachtung und Vulkanmonitoring international stattfindet. Weiterhin betrachtet es ausführlich Vulkane im Meer. Hier verknüpfen sich Risiko- und Nutzungspotenziale. Beispielsweise war submariner Flutbasalt-Vulkanismus in der Erdgeschichte mehrmals ein Auslöser für Massensterben. Zugleich aber können unterseeische Vulkanzonen wegen ihres Reichtums an Erzen wirtschaftlich interessant werden. Chancen für eine nachhaltige Energieversorgung können sich auch durch Geothermie in Vulkanregionen bieten. Hier geht es zum Themenspezial "Vulkanismus und Gesellschaft" »

 

Grundlagen Vulkanismus

Vulkane sind komplexe Gebilde, die mit ihren Ausbrüchen und teils gewaltiger Kraft die Erdoberfläche umformen. Die  Erdkruste  besteht  aus  verschiedenen  Kontinentalplatten.  Diese  driften  auseinander,  stoßen  zusammen  oder  schieben  sich  aneinander vorbei. Entlang solcher Plattengrenzen kommt es verstärkt zu Erdbeben und Vulkanismus.  Aktive Vulkane gibt es allerdings nicht nur in fernen Ländern wie Chile oder Indonesien, sondern auch in Europa, sogar in Deutschland. Grundlagenwissen zu Vulkanen, zur Plattentektonik und zu den verschiedenen Vulkantypen finden sich im ESKP-Dossier "Vulkane", das als PDF-Download zur Verfügung steht »

Täglich kommt es irgendwo auf der Erde zu einem Vulkanausbruch. Das Material, das dabei aus einem Vulkan herausfließt (effusiver Vulkanismus) oder mit enormer Kraft herausgeschleudert wird (explosiver Vulkanismus), ist sehr unterschiedlich und reicht von Gas über Asche zu verschiedenen Gesteinstypen. Mehr zu den Eruptionsprodukten von Vulkanen»

Anschauliche Infografiken zum Thema Vulkanismus finden sich hier. Die lizenzfreien Infografiken können für Schulungs- und Unterrichtszwecke nach CC BY 4.0 frei verwendet werden.

Vulkanische Gase/Gesundheitsrisiken

Die Chemie des Vulkans bestimmt seine Gefahr. Das Ausbruchverhalten von Vulkanen wird ganz wesentlich von der Zusammensetzung des Magmas und der darin enthaltenen Gase bestimmt. Die anteilige Zusammensetzung vulkanischer Gase ist variabel. Doch generell ist Wasserdampf (H2O) das häufigste Vulkangas. Hinzu kommen Kohlendioxid (CO2), Schwefeldioxid (SO2) und untergeordnet auch Kohlenmonoxid (CO), Chlor (Cl), Wasserstoff (H2) und Schwefelwasserstoff (H2S). Schwefelwasserstoff ist beispielsweise giftig und kann zu gesundheitlichen Schäden für den Menschen in unmittelbarer Nähe des Vulkans führen. Durch das Austreten von vulkanischen Gasen wird aber auch die Zusammensetzung der Atmosphäre verändert. Mehr zu Vulkangasen »

Die vulkanischen SO2-Emissionen beeinträchtigen die Luftqualität nicht nur in der Umgebung des Vulkans, sondern je nach Wetterlage, auch in entfernteren Gebieten. Im September 2014 konnten während des Ausbruchs des isländischen Vulkans Bardarbunga auch in Norwegen regelmäßig erhöhte SO2-Konzentrationen nachgewiesen werden. Am 22. September 2014 wurden sogar ungewöhnlich hohe SO2-Werte in einigen Regionen von Österreich und am deutschen Alpenrand registriert.  Mehr Information zu den Simulationen der Schwefeldioxidausbreitung »

Bei möglichen Gesundheitsrisiken durch Vulkane muss zwischen kurzfristigen Beeinträchtigungen und langfristigen Schädigungen unterschieden werden. Generell bestimmen die Größe, Form und Dichte der Partikel die Auswirkungen, die sie in der Lunge haben können. Vor allem bei Asthmatikern und Menschen mit Atemwegserkrankungen können mikroskopisch kleine Partikel zu Reizungen der Atemwege führen. Epidemiologisch sind allerdings keine Gesundheitsrisiken in größerem Abstand zu einem Vulkan mehr zu befürchten. In unmittelbarer Nähe zum Vulkan kann Schwefelwasserstoff (H2S) allerdings toxisch, also giftig bzw. sogar tödlich sein. Mehr zu möglichen Gesundheitsrisiken »

Auswirkungen von Vulkanausbrüchen

Meist ist die direkte Umgebung eines Vulkans unmittelbar von einem Ausbruch betroffen, wenn explosiv ausgeworfene Asche auf das Land herunterregnet. Austretende Vulkangase können das Atmen schwer beeinträchtigen. Aber auch Lavaströme und Glut- und Aschewolken können die Umgebung überziehen und zu gravierenden Schäden führen. Die Aschewolke kann sich bei großen Ausbrüchen weit verbreiten und meterdick werden. Es kann noch zu weiteren Folgen kommen: Druckwellen (“Surges”) können Häuser und Bäume umkippen. Kommt Lockergestein auf dem Vulkan mit Wasser in Verbindung, so können Lahare entstehen. Wenn ein pyroklastischer Strom, eine Surge oder ein Lahar einen See oder das Meer erreicht, können auch Tsunamis ausgelöst werden. Mehr zu Auswirkungen von Vulkanausbrüchen »

Ob ein Vulkanausbuch einen globalen Einfluss auf das Klima hat, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Asche- und Schwefeldioxidmenge können sehr unterschiedlich sein, genauso wie die Höhe der Gassäule und der Breitengrad, auf dem der Vulkanausbruch erfolgt. Warum ist die Lage des Vulkans so entscheidend? Aufgrund des limitierten stratosphärischen Austauschs zwischen Nord- und Südhemisphäre werden lediglich die Emissionen von Vulkanausbrüchen nahe des Äquators in beide Hemisphären verteilt. Der Ausbruch des Tambora (Sumbawa, Indonesien) im Jahr 1815, auf den eine globale Abkühlung folgte, ist dafür ein Beispiel. Das Jahr 1816, das Jahr nach dem Ausbruch des Tambora, galt auch in Europa als das "Jahr ohne Sommer". Mehr zu Aerosolen und deren Auswirkungen »

Durch die Ausbruchsserie des isländischen Vulkans Eyjafjallajökulls von April bis Mai 2010 wurde aufgrund der vorherrschenden nordwestlichen Wetterlage Vulkanasche innerhalb von wenigen Tagen über die Nordsee und Nordwesteuropa ostwärts bis nach Zentralrussland und südwärts bis nach Spanien und Portugal transportiert. Die Aschewolke über Europa führte zur Sperrung des Luftraums, sodass der Flugverkehr weitgehend zum Erliegen kam. Die Folgen waren nicht nur für Flugpassagiere spürbar, die Anschlussflüge nicht bekamen, es kam auch zu wirtschaftlichen Verlusten. Dies betraf nicht nur die Fluggesellschaften sondern auch viele Hersteller, deren Lieferketten plötzlich unterbrochen waren. Mehr zur Ausbreitung der Vulkanasche nach dem Eyjafjallajökull-Ausbruch »

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen signifikante Vorzeichen eines Vulkanausbruchs für die Abschätzung von Gefahr und Risiko. Um das Gefahrenpotenzial eines Vulkans zu beurteilen und bevorstehende Ausbrüche zu prognostizieren, wird zum Beispiel die frühere vulkanische Aktivität auf unterschiedlichen Zeitskalen erfasst und mit aktueller Vulkanüberwachung verbunden. Auf Basis dieser Daten lassen sich im Rahmen der Risikoabschätzung eines Vulkanausbrauchs Wahrscheinlichkeiten berechnen, ob es in naher Zukunft zu einem Ausbruchsereignis kommen könnte. Mehr zur Risikoabschätzung von Vulkanausbrüchen »

Die allermeisten Tsunamis werden durch starke Beben im Meer ausgelöst, bei denen sich Erdplatten plötzlich nach oben bewegen (vertikaler Versatz). Hier können Frühwarnsysteme helfen, Tsunamis frühzeitig zu entdecken und die Bevölkerung zu warnen. Hin und wieder entstehen Tsunamis jedoch infolge vulkanischer Eruptionen und submariner Hangrutschungen. Ungefähr fünf Prozent der nachgewiesenen Tsunamis von 1600 bis heute können auf Vulkane zurückgeführt werden. Dass es sich um eine nach wie vor aktuelle Gefahr handelt, zeigt die Flankenrutschung am indonesischen Vulkan Anak Krakatau im Dezember 2018. Damals rutschte die Westflanke des Vulkans ins Meer. Der Tsunami, der durch diese Hangrutschung ausgelöst wurde, traf die Küste Indonesiens völlig unvorbereitet. Mehr zur Tsunamigefahr durch Vulkane »

Wirkungen der Asche in Düsentriebwerken

Düsentriebwerke erzeugen in ihrem Innern starke Luftmassenströme, sodass bei Zunahme der Partikelkonzentration in der Luft, die z.B. durch vom Wind mitgenommenen Wüstensand verursacht werden kann, die Oberflächen der Verdichter- und Turbinenschaufeln im Triebwerk geschädigt werden. Dies kann zu einer Verringerung des Wirkungsgrades der Triebwerke führen.

Vulkanische Aschewolken erhöhen nicht nur die Teilchenkonzentration in der Luft, die Partikel einer solchen Vulkan-Aschewolke weisen eine andere Beschaffenheit auf als Wüstensande. Sie sind schärfer und verursachen daher mehr Schaden. Und sie können das Triebwerk quasi "verbacken". Dadurch können sie Fehlfunktionen auslösen und sogar zum Ausfall des Triebwerks führen (Schmidt, 2014).

Hinzu kommt: Vulkanasche besitzt aufgrund "ihrer komplexen chemischen Zusammensetzung keinen Schmelzpunkt sondern einen Schmelzbereich, der bereits bei 900 Grad Celsius beginnen kann. (...)  Demzufolge kommen ungeschützte, metallische Oberflächen der Turbinenschaufeln in Kontakt mit dem heißen Gasstrom und können lokal aufgeschmolzen werden. Durch diesen lokalen Schmelzprozess verlieren die Turbinenschaufeln ihre optimale aerodynamische Form, was zu einem Leistungsverlust sowie zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch führt. In Extremfällen kann es zu einem Ausfall der Turbine kommen.“ (DLR, 2014)

Vulkanasche und Vulkanwolken können also erhebliche Auswirkungen auf den Flugverkehr haben. Wie funktionieren die bestehenden Warn- und Informationssysteme für Piloten? In welchen Bereichen funktionieren sie gut und welche Verbesserungsmöglichkeiten bestehen? Antworten auf diese Fragen liefert der ESKP-Beitrag "Die Bedeutung von Informationen zu Vulkanausbrüchen für den Flugverkehr" »

Text: ESKP-Redaktion, aktualisiert im Juli 2020

Quellen

  Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR. (2014, 9. Oktober). Die Auswirkung von Vulkanasche auf Flugzeugtriebwerke. Zerstörter Hitzeschutz – verstopfte Sensoren [Pressemitteilung, www.dlr.de].

  Schmidt, F. (2014, 29. August). Vulkanasche: Wann ein Flugverbot gerechtfertigt ist [Interview mit Dr. Hendrik Lau vom Institut für Werkstoffforschung des DLR]. Deutsche Welle [www.dw.de]. Aufgerufen am 29.10.2019.

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