Ein internationales Team von Permafrost-Wissenschaftlern hat im Fachmagazin "Nature" den derzeitigen Wissensstand um die Gefahr der tauenden Permafrostböden zusammengetragen: "Wenn der Boden auftaut, beginnen Mikroorganismen und Bakterien die Pflanzen- und Tierreste, die seit Jahrtausenden in der Erde lagern, zu zersetzen. Dabei produzieren sie Kohlendioxid und Methan. Steigt die globale Temperatur weiter an, könnte der Permafrost mehr Treibhausgase freisetzen", sagt Dr. Guido Grosse, Permafrostforscher am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Co-Autor der Studie und fügt an: "Wenn man bedenkt, dass die Permafrost-Regionen, die fast ein Viertel der Landoberfläche auf der Nordhalbkugel einschließen, vermutlich ebenso viel Treibhausgase freisetzen, wie die historisch viel beachteten menschengemachten Veränderungen in der Landnutzung, dann zeigt sich die große Bedeutung dieser Vorgänge für unser Klima."

Der Kohlenstoffgehalt der oberen drei Meter der Permafrostregionen kann auf etwa 1.035 Milliarden Tonnen eingegrenzt werden. Jedoch gibt es weitere Kohlenstoffvorkommen in tieferen Schichten. Zusammengenommen schätzen die Autoren des Permafrost Kohlenstoff Netzwerkes die bekannten gespeicherten Bodenkohlenstoffreserven im Permafrost auf 1.330-1.580 Milliarden Tonnen. Dazu kommen noch weitere geschätzte 400 Milliarden Tonnen in tiefen gefrorenen Ablagerungen von Regionen mit schwacher Datenlage sowie größere Mengen Kohlenstoff in gefrorenen Sedimenten unter den Schelfmeeren der Arktischen Küsten.

Das Forscherteam geht davon aus, dass der Permafrost allmählich und kontinuierlich tauen wird. Dieser Prozess ist selbst durch drastisches Senken der industriellen Treibhausgas-Emission nur noch sehr schwer aufzuhalten. Besonders in eisreichen Gebieten in Alaska, Sibirien und Kanada kann das Tauen verhältnismäßig schnell erfolgen, da sich hier sogenannte Thermokarst-Seen bilden, deren Wasserkörper Wärme speichert und auch die in großen Tiefen liegenden Sedimentschichten zum Tauen bringen. "Diese Thermokarst-Prozesse sind für uns deshalb ein deutliches Anzeichen dafür, dass das Tauen nicht immer graduell abläuft, sondern unter bestimmten Bedingungen – wie bei einer starken Erwärmung oder veränderten Niederschlägen – regional auch sehr plötzlich innerhalb von Jahrzehnten stattfinden kann", erklärt Dr. Guido Grosse.

Kohlenstofffreisetzung nimmt Einfluss auf globale Erwärmung

Noch in diesem Jahrhundert könnten 15 Prozent des leicht zu verwertenden Kohlenstoffs als Treibhausgase freigesetzt werden und zur globalen Erwärmung mit bis zu 0,27°C beitragen. Die Rückkopplung von Kohlenstofffreisetzung aus Permafrost mit der Klima-Erwärmung ist bisher nicht in den Klimamodellen des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change) berücksichtigt.

Das AWI arbeitet in internationalen Projekten (GTN-P und PAGE21), Permafrost-Datensätze als essentielle Klimavariablen zu etablieren und in solche globalen Modelle einzuspeisen. Dies könnte noch kritischere Vorhersagen der Temperaturentwicklungen für das 21. Jahrhundert ergeben.

Literatur/Quellen: Schuur, E. A. G., McGuire, A. D., Schadel, C., Grosse, G., Harden, J. W., Hayes, D. J., Hugelius, G., Koven, C. D., Kuhry, P., Lawrence, D. M., Natali, S. M., Olefeldt, D., Romanovsky, V. E., Schaefer, K., Turetsky, M. R., Treat, C. C., and Vonk, J. E.: Climate change and the permafrost carbon feedback, Nature, 520, 171-179, 2015.

Linktipp:
Forschung am AWI - Permafrost im Fokus und auf den Punkt gebracht

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