Seit 2008 bietet der jährliche Sea Ice Outlook (SIO) einen freien Zugang zu Informationen und Vorhersagen über die in jedem Sommer anstehende minimale Ausdehnung des Meereises im September. Der Service ist seit zwei Jahren Teil des Sea Ice Prediction Network (SIPN).
Jeweils im Juni, Juli und August werden Berichte über das zu erwartende Meereisminimum erstellt.
Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) beteiligt sich seit 2008 an dieser jährlichen Vorhersageaktivität; in diesem Jahr liefert es zwei Vorhersagemodelle, ein dynamisches und ein statisches (mehr Informationen zu den beiden Vorhersagemodellen).
Obwohl beide Ansätze in ihrer Methodik völlig unterschiedlich sind, ist die vorhergesagte mittlere Meereisausdehnung für den September 2016, basierend auf Beobachtungen, die bis Ende Mai zur Verfügung standen, sehr ähnlich (4,73 ± 0,41 Millionen km2 für die dynamische Methode und 4,68 ± 1,00 Millionen km2 für die statistische Methode). Der Mittelwert, der bislang eingereichten SIO-Beiträge (Stand Juni 2016) zur arktischen Meereisfläche für den September 2016 liegt im Vergleich dazu bei 4,28 Millionen km2, wobei 50 % der Werte zwischen 4,10 und 4,63 Millionen km2 liegen (Details zu den SIO-Berichten).
Der dynamische Modellansatz beruht auf einem Meereis-Ozean-Modell (NAOSIM), mit dem Ensemble-Simulationen durchgeführt werden. Es werden hierzu atmosphärische Antriebsdaten für die Sommerperiode der Jahre 2006 bis 2015 (jeweils vom 29. Mai bis 30. September) für die Ensemble-Vorhersage genutzt. Die Verwendung eines Ensembles ermöglicht die Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten für Meereisausdehnungsvorhersagen für den September 2016. Um die Vorhersage zu verbessern, wird ein Variationsassimilationssystem in das Modell eingebettet, um das Modell mit März- und April-Meereisbeobachtungen zu kombinieren. Hier gehen die Satellitendaten (CryoSat-2) der Meereismächtigkeit des AWI, die Schneehöhenauswertung der Universität Bremen, die Eiskonzentration und Meeresoberflächentemperatur von EUMETSAT; OSI-SAF ein.
Das statistische Modell berücksichtigt unterschiedliche klimatologische Parameter, wie den Wärmeinhalt des Ozeans, die Meeresoberflächentemperatur und andere atmosphärische Variablen, um eine Schätzung der September-Meereisausdehnung vorzunehmen. Die Idee der statistischen Methode ist, Regionen mit stabilen Telekonnektionsmustern (Zusammenhang zwischen Wettervorgängen in zwei weit voneinander entfernten Gebieten) zwischen den Prädiktoren (hier die klimatologischen Parameter auf die sich die Vorhersage stützt) und dem Prädiktanden (Regressand - hier die Meereisausdehnung) zu identifizieren (Ionita et al., 2008, 2014). Die Meereisausdehnung im September wird dann mit Hilfe der möglichen Prädiktoren aus den vorangegangenen Monaten mit einem zeitlichen Versatz von bis zu acht Monaten in einem sich verschiebenden Zeitfenster von 21 Jahren korreliert. Die Korrelation wird für jeden Gitterpunkt als stabil angesehen, wenn die folgenden Parameter für mehr als 80 % der betrachteten 21-jährigen Zeitspanne auf dem 95 %, 90 %, 85 % und 80 % Signifikanzniveau korreliert sind: a) Index der Meereisausdehnung im September, (b) die globale Temperatur der Meeresoberfläche, (c) der Wärmeinhalt der oberen Ozeanschicht integriert über die oberen 700 m, (d) die Lufttemperatur, (e) der Druck auf Meeresniveau sowie (f) die Oberflächenwinde.
Beide Vorhersageverfahren werden in den nächsten drei Monaten zum internationalen SOI beitragen, um Vorhersagen für die sommerliche Meereisausdehnung in der Arktis zu liefern. Während die Unsicherheit der Prognosen für den Monat Mai noch relativ groß ist, werden in den kommenden Monaten genauere Prognose erwartet.
Auch wenn die Schmelzsaison dieses Jahr mit deutlich geringerer Meereisausdehnung als 2012 startete, verlangsamen kältere Bedingungen im Juni, verbunden mit einem niedrigeren Luftdruck über dem Meeresspiegel den Eisverlust. Damit ist die aktuelle Meereiseisausdehnung fast deckungsgleich zu der im Jahr 2012 (siehe Abbildung zur Meereisausdehnung).
Die Arktis spielt eine zentrale Rolle im weltweiten Klimasystem, da Veränderungen im hohen Norden sich auch in Europa und damit auch in Deutschland bemerkbar machen können (s. a. Schrumpfende Meereisdecke beeinflusst Wetter- und Windsysteme).
Quellen
Ionita, M., G. Lohmann and N. Rimbu, 2008: Prediction of Elbe discharge based on stable teleconnections with winter global temperature and precipitation, Journal of Climate, 21, 6215–6226, doi:10.1175/2008JCLI2248.1
Ionita, M., M. Dima, G. Lohmann, P. Scholz and N. Rimbu, 2014: Predicting the June 2013 European Flooding based on Precipitation, Soil Moisture and Sea Level Pressure. J. Hydrometeorology, 16, 598–614., doi/10.1175/JHM-D-14-0156.1
Kauker et. (2015a), Seasonal sea ice predictions for the Arctic based on assimilation of remotely sensed observations. The Cryoshere Discussion, doi:10.5194/tcd-9-5521-2015.
Kauker et. (2015b), Bewertung des AWI-Konsortium Sea Ice-Outlook Beitrags für Sommer 2015 .
Weiterführende Informationen
Meereisportal - Initiative des Helmholtz-Verbundes „Regionale Klimaänderungen“ (REKLIM), des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung, in Kooperation mit der Universität Bremen (Institut für Umweltphysik)
REKLIM