Das Meereis der Polargebiete Arktis und Antarktis bedeckt circa sieben Prozent der Erde. Der Einfluss dieses Gebietes auf das Ökosystem ist groß, da der Rückgang und die veränderten Eigenschaften des Meereises direkte Auswirkungen auf den Lebensraum haben.
In den vergangenen Jahrzehnten ist das Meereis in der Arktis in den Sommermonaten stark zurückgegangen. Die mittlere Eisausdehnung im Juli 2014 lag bei 8,25 Millionen km2. Das sind 1,85 Millionen km2 weniger als der Langzeitdurchschnitt von 1981 - 2010 im Juli. "Die Abnahme des Meereises in der Arktis ist ganz klar eine Frage der Erwärmung. Es ist wärmer in der Arktis als vor 30 oder 40 Jahren", sagt Dr. Marcel Nicolaus vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung im Interview mit der Wissensplattform "Erde und Umwelt" (ESKP). Während die am häufigsten auftretende Meereisdicke im Sommer in den 1960er Jahren noch rund 3,0 Meter betrug, lag diese in den letzten beiden Jahren bei circa 0,9 Metern.
Eisfreie Arktis?
Ist bei einer Fortsetzung dieses Trends eine eisfreie Arktis in der Zukunft denkbar? "Es ist durchaus realistisch. Wobei wir bei dem Wort "eisfrei" immer vom Sommer reden müssen", sagt Nicolaus und schränkt ein: "Es gibt Computermodelle, die eine solche eisfreie Arktis voraussagen und es gibt welche, die sagen sie nicht voraus." Ein solcher Rückgang des Meereises würde den arktischen Ozean entsprechend für eine ökonomische Nutzung öffnen. "Es muss keinen riesen Boom geben, aber es entstehen auf jeden Fall neue ökonomische Möglichkeiten und Begehrlichkeiten, die uns als Wirtschaftsnation auf jeden Fall betreffen", erklärt Nicolaus.
Für den Wissenschaftler steht Deutschland "als eine der wohlhabendsten Nationen" entsprechend in der Pflicht, sich "um den Schutz von Ökosystemen wie dem Arktischen zu bemühen." Zwar liegt die Arktis nicht vor der "eigenen Haustür", jedoch nimmt ein Rückgang des Meereises durchaus Einfluss auf das "Wettergeschehen in Deutschland." Auch wenn sich dieser Einfluss nicht auf eine einfache Gleichung wie "halb so viel Meereis bedeutet 2 bis 3 Grad Celsius mehr im Sommer" herunterbrechen lässt.
Paradox verhält sich dagegen dazu die Situation in der Antarktis. Die mit Meereis bedeckte Fläche dehnte sich hier in den vergangenen Jahren aus. Laut Nicolaus liegt das vor allem "an der geografischen Lage" - die "atmosphärischen und ozeanografischen Bedingungen" in den beiden Gebieten unterscheiden sich sehr stark voneinander. Die internationale Wissenschaftsgemeinde diskutiert derzeit mögliche Erklärungen für die große Ausdehnung des antarktischen Meereises. Ursachen für die Zunahme sind in erster Linie Veränderungen in der Verteilung und Ausdehnung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und daraus resultierende Veränderungen in Windströmungen. Aber auch die Rolle von Schmelzwasser im Ozean wird als mögliche Ursache diskutiert.
Ohnehin sind internationale Netzwerke für die Forschung aufgrund der aufwendigen und teuren Expeditionen und Messungen in den Polargebieten dringend notwendig, wie Nicolaus betont. Daher basieren Polarforschungsexpeditionen immer auf internationalen Kooperationen.
Weiterführende Informationen
Eine Bilderreise ins Eis
Text: Karl Dzuba, Wissensplattform Erde und Umwelt