Zu Beginn des Sommermonsuns waren 2017 das Indus-Ganges-Tiefland und zum Teil auch das Hochland von Dekkan in Indien die heißesten Regionen der Erde. Verbreitet wurden Ende Mai bzw. Anfang Juni Temperaturmaxima von deutlich über 40 °C gemessen, im pakistanischen Indus-Tal örtlich sogar 52 °C. Dem indischen Subkontinent bringt der Sommermonsun ergiebige Regenfälle, die durch Staueffekte an den Gebirgen, wie z.B. den Westghats im Himalaja, noch verstärkt werden. Heftige Regenfälle in Sri Lanka führten bereits zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen. Der asiatische Monsun ist eines der dynamischsten und energiereichsten Wettersysteme unseres Planeten.
Während unseres Sommers hat der asiatische Monsun aber auch Einfluss auf das Wettergeschehen der gesamten Nordhalbkugel. Wie in einem riesigen Fahrstuhl werden hier enorme Mengen an Luft bis in über 16 km Höhe befördert. Damit erreichen sie bereits die Tropopause, den Übergangsbereich zur Stratosphäre. In der Stratosphäre, in der auch die wichtige schützende Ozonschicht liegt, verweilt die im Monsun dorthin gelangte Luft dann jahrelang und breitet sich weltweit aus. Satellitenbilder zeigen direkt oberhalb der Monsunregion eine dünne Wolke aus Aerosolen. Genau diese gibt den Forschern Rätsel auf. Es ist unbekannt, wie der Monsun auf Änderungen des Ausstoßes von Luftschadstoffen (Aerosole) oder auf Klimaänderungen reagieren wird. Die dünne Aerosolwolke, d.h. die in der Luft schwebenden kleinen Tröpfchen oder Staubkörnchen, erstrecken sich über Südasien von der arabischen Halbinsel bis zur Ostküste Chinas. Bisher war noch niemand technisch in der Lage, diese Luft oberhalb des Monsuns genau zu charakterisieren. Die Zusammensetzung und Herkunft dieser Aerosolwolke sowie die Prozesse, die zur Bildung der Aerosole führen, zählen zu den großen Rätseln der Klimaforschung. Je nach Zusammensetzung können Aerosole, in Wechselwirkung mit der Strahlung und ihrem komplexen Einfluss auf die Wolkenbildung, erwärmend oder abkühlend auf das Klima wirken. Der Klimaeffekt von Aerosolen gilt als eine der größten Fehlerquellen bei der Vorhersage von Klimaänderungen. Im Projekt StratoClim untersucht nun ein internationales Wissenschaftlerteam die Zusammensetzung der Luft, die sich nach dem Transport durch den Monsun in der Tropopausenregion und in der Stratosphäre ausbreitet.
Messungen in zweifacher Reiseflughöhe über Nepal, Indien und Bangladesch
Die erste wissenschaftliche Messkampagne oberhalb des Monsuns erfolgt mit einem Forschungsflugzeug, welches mit 20 Kilometern die zweifache Flughöhe von Verkehrsflugzeugen erreicht. Bis Mitte August 2017 werden insgesamt neun Messflüge mit dem russischen Höhenforschungsflugzeugs M55-Geophysika von Kathmandu (Nepal) aus unternommen. Mit 25 speziell entwickelten Messinstrumenten werden die Lufträume Nepals, Indiens und Bangladeschs untersucht. Mit an Bord ist das Messinstrument GLORIA, welches KIT und das Forschungszentrum Jülich gemeinsam entwickelt haben: Das Infrarotspektrometer analysiert die Höhenverteilung unterschiedlichster Spurengase entlang des Flugpfads. Dabei haben die Forscher insbesondere Ammoniak im Blick, eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff, die vor allem in der Landwirtschaft entsteht, etwa bei der Viehhaltung oder beim Einsatz von Düngemitteln. Die Forscher haben im vergangenen Jahr erstmals nachgewiesen, dass Ammoniak in diesem Höhenbereich – zwischen 12 und 15 Kilometern – überhaupt vorkommt. Die aktuelle Messkampagne wird nun weitere Untersuchungen mit noch deutlich höherer Präzision ermöglichen. Ammoniak ist maßgeblich an der Bildung von Aerosolpartikeln beteiligt. Nordindien und China sind Gebiete, in denen die Emission durch starke landwirtschaftliche Nutzung generell hoch ist. Messkampagnen haben aber in keiner anderen Region Ammoniak in dieser Höhenschicht nachweisen können. Das weist darauf hin, dass der Monsun eine wichtige Rolle bei der Bildung spielt. Es liegt nahe, dass das Ammoniak beim Aufsteigen der Luft in der Monsunzirkulation nicht vollständig ausgewaschen wird und deshalb in die obere Troposphäre gelangt. GLORIA ist derzeit das einzige Instrument, welches Ammoniak in diesen Höhen messen kann. Auch Höhenforschungsballons, die von Nepal, Bangladesch, China, Indien sowie Palau starten, werden ergänzend Daten zu Ozon, Wasserdampf und Aerosolen in der Atmosphäre liefern.
„Zu verstehen, wie der Monsun auf anthropogene Emissionen und Klimaänderungen reagieren wird, ist für die direkt betroffenen Länder in Asien von nahezu existenzieller Bedeutung. Durch die Rolle des Monsuns im weltweiten Wettergeschehen und seine entscheidende Bedeutung für die Zusammensetzung der globalen Stratosphäre wird dies aber auch zu einer erheblichen Verbesserung des Verständnisses des Klimageschehens in unseren Breiten führen“, erläutert Projektleiter Markus Rex vom Alfred Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung, die Bedeutung der Forschung auch für Europa.
Informationen zum StratoClim-Projekt
Das Forschungsprojekt StratoClim (Stratospheric and upper tropospheric processes for better Climate predictions) hat das Ziel, Schlüsselprozesse im Klimasystem der oberen Troposphäre und der Stratosphäre besser zu verstehen, um dadurch zuverlässigere Prognosen des Klimawandels zu ermöglichen. An dem Projekt beteiligen sich mehr als 30 Forschungsinstitute und Universitäten unter Federführung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.
Quellen
StratoClim
Deutscher Wetterdienst (2017): Vor dem Monsun.
Pressemitteilung des KIT (108/2017): Mit dem Höhenflugzeug in den asiatischen Monsun.