Deutschland erwärmt sich schneller als die Welt im globalen Mittel (Brasseur et al., 2017). Um 1,5 Grad stieg die Temperatur seit 1881 vergleicht man die mittleren jährlichen Temperaturen. Die vergangenen fünf Jahre waren zudem die wärmsten im 21. Jahrhundert. Das Jahr 2018 stach besonders hervor, weil hohe Temperaturen auf ungewöhnlich geringe Niederschläge trafen. Zuvor gab es wohl einerseits zu heiße Jahre, ebenso wie zu trockene (DWD). Beide Phänomene fielen jedoch in Deutschland bisher nicht in dieser Deutlichkeit zusammen (Friedrich & Kaspar, 2019).
Meteorologen schauen sich in diesem Zusammenhang auch Perioden von aufeinander folgenden überdurchschnittlich warmen Monaten an. Auch hier sahen sie nie Dagewesenes: Die 13 Monate zwischen April 2018 und April 2019 waren allesamt zu heiß. Der diesjährige Juni hatte es ebenso in sich, er war der wärmste Juni seit Beginn der deutschlandweiten Wetteraufzeichnungen 1881. Im Juli ging es ähnlich weiter. Lingen im Emsland erhitzte sich am 25. Juli 2019 auf 42,6 Grad Celsius. Nie zuvor war es heißer an einem Ort in Deutschland (seit 1881). Die gesamte Main-Rhein Region bis hin zum Emsland sah sich mit Temperaturmaxima von über 40 Grad Celsius konfrontiert.
Der Blick in die Welt lässt nichts Gutes erahnen: Nachdem der Juni 2019 schon global der bisher wärmste Juni war, brach der diesjährige Juli schlichtweg alle Rekorde. Es war global der wärmste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1850.
In diesem Zusammenhang ist noch ein weiterer Fakt bemerkenswert, wie Maxx Dilley, der leitende Verantwortliche für Klimavorhersage und Anpassung bei der Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO) betont. Er hebt nicht nur hervor, dass der Juli 2019 der heißeste Monat der Geschichte war, sondern auch, dass dieses Ereignis in kein starkes El Niño-Ereignis fiel (World Meteorological Organization, 2019). Ein El-Niño-Ereignis tritt statistisch alle 4-5 Jahre auf und verstärkt Extreme in bestimmten Regionen in der Regel noch. In El-Niño-Jahren führt eine instabile Wechselwirkung von Atmosphäre und Ozean im zentralen und östlichen Pazifik zu ungewöhnlich warmen Temperaturen der Meeresoberfläche. Nichts dergleichen beobachten Meteorologen 2019.
Hitzewellen bis zu 100 Mal wahrscheinlicher in Europa
Alle Sommermonate 2019 waren signifikant zu warm mit mehr Sonnenschein als üblich und zu wenig Niederschlag. Der Hochsommer, der durch die Sommerlindenblüte gekennzeichnet ist, war mit 56 Tagen 9 Tage länger als das vieljährige Mittel (Phänologische Uhr, DWD). Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit für Hitzewellen europaweit gestiegen. Hitzewellen wie Ende Juli 2019 sind laut Deutschem Wetterdienst in Deutschland und Dänemark 3-10 Mal wahrscheinlicher geworden und 10 bis 100 Mal wahrscheinlicher in Frankreich und den Niederlanden. Gäbe es den Klimawandel nicht, dann wären solche Extremwetterereignisse zwischen 1,5 und 3 Grad Celsius kühler (DWD). Die stärkste Zunahme der mittleren Temperaturen wie auch von intensiven Hitzeperioden ist in Deutschland laut Dr. Florian Imbery (DWD) in Baden-Württemberg sowie in Brandenburg und Teilen von Sachsen zu erwarten (Heffter, 2019).
Pflanzen reifen bei Hitze- und Trockenstress schneller heran
Wird es wärmer, verlängern sich auch die Vegetationsperioden. War der Winter in der Klimaperiode 1961-1990 noch durchschnittlich 120 Tage lang, so belief er sich in der Periode von 1991 bis 2017 auf nur noch 109 Tage (Phänologische Uhr, DWD). Der letzte Winter 2018/2019 hingegen war bereits nach 98 Tagen beendet. Auch wenn die Vegetationsperiode sich verlängert, reifen Pflanzen bei erhöhten Temperaturen teils schneller heran. Pflanzen eilen durch ihren Wachstums- und Reifungsprozess. Sie nehmen vermehrt Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf bis ab einem bestimmten Zeitpunkt der Trockenstress einsetzt. Dann schließen sich die winzigen Spaltöffnungen in den Blättern, die den Nährstoff- und Wasserflusses regulieren, häufiger, wie z.B. im Rekordsommer 2018, um der hohen Verdunstung entgegen zu wirken. Dadurch fiel das Wachstum weniger üppig aus, die Erträge der Landwirte schrumpften (s. Abb.2).
„Bei Trocken- und Hitzestress können Wälder weniger Kohlenstoff speichern und dauerhaft festlegen, sodass sie in Jahren wie 2018 weniger gute Kohlenstoffsenken sind und somit nur noch schwache Partner im Kampf gegen den Klimawandel sind“, sagt Dr. Ingo Heinrich vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) und Koordinator des Observatoriums “TERrestrial Environmental Observatories - Nordostdeutsches Tiefland” (TERENO Nord-Ost). Waldbaumarten reagieren unterschiedlich auf Stress. Untersuchungen im Müritz Nationalpark für das Jahr 2018 zeigten, dass Buchen mit dem kombinierten Stress aus Hitze und Trockenheit am besten zurechtkamen. Im Rekordsommer litten vor allem Eichen und Kiefern. Wachsen Bäume weniger, verlieren sie an Vitalität. Die Vitalität wird unter anderem anhand des Vegetationsindizes (NDVI: Normalized Difference Vegetation Index) auf Basis von Fernerkundungsdaten festgestellt. Vergleichende Karten, die das TERENO-Untersuchungsgelände DEMMIN abbilden, zeigen riesige Unterschiede zwischen dem Vegetationsindex im Juli 2015 und 2018 (Heinrich et al., 2019).
Das größte Waldsterben musste man in Deutschland im Zeitraum 2017-2019 sowie im Jahrzehnt 1970-1980 konstatieren. Während in den 1970er und 1980er Jahren verschiedene Gründe für das stark vermehrte Baumsterben verantwortlich waren, kann man das Waldsterben 2.0 nun unzweifelhaft dem eindeutig zu heißen und trockenen Klima zuschreiben. Vom Waldsterben sind momentan allein in Süd- und Mitteldeutschland 110.000 Hektar betroffen. Als Baumart wurde dabei die Gemeine Fichte (Picea abies) besonders in Mitleidenschaft gezogen. Hinzu kommen noch Folgeerscheinungen wie Insektenkalamitäten und Waldbrände, so Ingo Heinrich. Mehr als 500 Waldbrände setzten neben der anhaltenden Dürre den Wäldern zu. Insekten wie Borkenkäfer oder Nonnenspinner, die von der Wärme profitieren, tun ihr Übriges.
Text: Dr. Ingo Heinrich (GFZ) , Dr. Florian Imbery (DWD), Jana Kandarr (ESKP)
Quellen
Brasseur, G.-P., Jacob, D. & Schuck-Zöller, S. (Hrsg.) (2017). Klimawandel in Deutschland. Heidelberg: Springer Open.
Deutscher Wetterdienst. (o.D.). Phänologische Uhr [www.dwd.de]. Aufgerufen am 07.10.2019.
Friedrich, K. & Kaspar, F. (2019, 2. Januar). Rückblick auf das Jahr 2018 – das bisher wärmste Jahr in Deutschland (Deutscher Wetterdienst, Abteilung Klimaüberwachung).
Heffter, A. (2019, 07. Juli). Warum extreme Wetterverhältnisse häufiger werden könnten [Interview mit Dr. Florian Imbery]. stimme.de. Aufgerufen am 26.9.2019.
Heinrich, I., Balanzategui, D., Bens, O., Blume, T., Brauer, A., Dietze, E., … Wille, C. (2019). Regionale Auswirkungen des Globalen Wandels: Der Extremsommer 2018 in Nordostdeutschland. System Erde, 9(1), 38-47. doi:10.2312/GFZ.syserde.09.01.6
World Meteorological Organization – WMO. (2019, 2. September). WMO seasonal update indicates above-average temperatures. El Niño/La Niña Update August 2019 [public.wmo.int]. Aufgerufen am 30.09.2019.
DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.012
Veröffentlicht: 09.10.2019, 6. Jahrgang
Zitierhinweis: Heinrich, I., Imbery, F. & Kandarr, J. (2019, 9. Oktober). Juli 2019 global heißester Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Earth System Knowledge Platform [www.eskp.de], 6. doi:10.2312/eskp.012