Wasser wird für die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen benötigt, zur Energieerzeugung oder im Haushalt als Trink- und Nutzwasser. Insbesondere in Regionen, in denen Wasser knapp ist, müssen die elementaren Fragen zur entnommenen Wassermenge und deren Verwendungszwecke zwischen den verschiedenen Anrainerstaaten oder Bevölkerungsgruppen transparent und gerecht geklärt werden.
Kompliziert wird die Lage, wenn ein Fluss nicht nur eine, sondern mehrere Landesgrenzen passiert und auch innerhalb eines Landes verschiedene Nutzungsinteressen entlang des Flusslaufes vorherrschen.
Solche grenzüberschreitenden Flussgebiete finden sich häufig in Zentralasien. Ein Beispiel ist der Fluss Isfara, der im Süden Kirgisistans entspringt, dann für ca. 15 km eine Enklave Tadschikistans durchfließt, dann wieder Kirgisistan und noch einmal Tadschikistan quert und schließlich nach Usbekistan gelangt. Gespeist wird der Fluss überwiegend durch die Schnee- und Gletscherschmelze im kirgisischen Teil des Alai-Gebirges.
Im Rahmen des Projektes "Transboundary Water Management in Central Asia" arbeitete die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Partnern aus den drei Anrainerstaaten des Isfara-Flusses zusammen, um für die verschiedenen Aspekte des Wassermanagements eine nachhaltige Lösung für alle beteiligten Interessensgruppen zu finden. Hierzu unterstützen sie die Erfassung von Pegelständen und Durchflussraten. Gleichzeitig wird die Nutzung der Wasserressourcen im Einzugsgebiet mit den verschiedenen Interessensgruppen gerungen. Landnutzung und Bewirtschaftungspläne spielen eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung einer gerechten Verteilung der knappen Wasserressourcen.
Viele der vorhandenen Infrastrukturen sind inzwischen über 50 Jahre alt und in einem schlechten Zustand. Die Projektpartner müssen sich auch über Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur im Kontext von Stauseen sowie Wasserleitungen oder Bewässerungskanäle einigen.
Im Einzugsgebiet des Flusses Isfara vorsorgt beispielsweise der Tortgul Stausee (s. Karte) die umliegenden Gebiete im Distrikt Batken in Kirgisistan und im Distrikt Sughd in Tadschikistan mit Wasser. Nach der Inbetriebnahme im Jahr 1970 wurden allerdings seit Mitte der 1980er Jahre keine technischen Wartungsarbeiten mehr durchgeführt. Seit langem weist der Stausee technische Mängel auf, die nicht nur zu hohen Wasserverlusten führten, sondern auch den Betrieb der Anlage lebensgefährlich machten. Zum einen sorgten Probleme beim Heben und Senken der Wassertore zur Regulierung des Wasserspiegels im Reservoir für eine unbeständige Wasserversorgung mit jährlichen Wasserverlusten von ca. 2,700 m³. Zum anderen war die Brücke zu einem der Auslasstürme bereits baufällig und die Bedienung der Wassertore somit eine lebensgefährliche Angelegenheit.
In Zusammenarbeit mit der staatlichen Wasserbehörde auf nationaler sowie auf lokaler Ebene und lokalen Planungs- und Bauunternehmen wurden 2013/14 umfassende Rehabilitierungsarbeiten durchgeführt, um die technischen Probleme zu beheben. Der Wasserspiegel im Reservoir kann jetzt einfach und sicher reguliert werden und die Wasserrückhalterate hat sich verbessert. Im Kontext mit den Rehabilitationsarbeiten am Tortgul-Stausee wurden ebenfalls defekte Wassertore und Befestigungen des flussabwärts in Tadschikistan gelegenen Zumratscho Stauwehrs instand gesetzt. Die ca. 80.000 Einwohner in der Region profitieren von verbesserter Wasserverfügbarkeit und insgesamt 14.000 Hektar auf kirgisischer und tadschikischer Seite werden nun kontinuierlich mit Wasser versorgt.
Die Bereitstellung genauer Daten und automatisierte Wasserdurchfluss-Messsysteme sind ebenso von zentraler Bedeutung für die Förderung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Partnern und Behörden auf nationaler und provinzieller Ebene.
Deshalb wurden moderne Wasserdurchflussmesser und andere technische Geräte installiert. Außerdem wurde das Bedienungspersonal entsprechend geschult, um die fachgerechte Handhabung der neuen Techniken sicherzustellen. Die technisch erfassten Daten werden ausgewertet und den zuständigen Behörden sowie den lokalen Wassernutzern zur Verfügung gestellt. Damit wird die Transparenz gewährleistet, die bislang während der Bewässerungssaison bei der Verteilung und Entnahme von Wasser bemängelt wurde und oft zu finanziellen Streitigkeiten zwischen Bauern und der örtlichen Wasserverwaltung führte.
Da das Flussgebiet der Isfara im Wesentlichen von Kirgisistan und Tadschikistan geteilt wird, ist insbesondere die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern entscheidend für die nachhaltige Bewirtschaftung. Im Jahr 2007 schufen deshalb die beiden Länder eine interministerielle Arbeitsgruppe in der Vertreter von insgesamt 12 staatlichen Institutionen Lösungsmöglichkeiten zur gemeinsamen Nutzung der Wasserressourcen ausarbeiten. Inzwischen liegt ein Entwurf einer Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit an grenzüberschreitenden Flussgebieten zwischen Kirgisistan und Tadschikistan vor. Das Rahmenabkommen soll die Grundlage für eine koordinierte Planung und Bewirtschaftung von grenzüberschreitenden Wasserressourcen sowie die Einrichtung von gemeinsamen Institutionen für Flussgebietsplanung bilden. Das Abkommen hat damit das Potential, Maßstäbe für die Entwicklung gemeinsamer Bewirtschaftungspläne und die Durchführung gemeinsamer Investitionsprojekte in grenzüberschreitenden Flusseinzugsgebieten zu setzen.
Grenzüberschreitendes Planen und Bewirtschaften von Wasserressourcen erfordert neben fundierten Fachkenntnissen auch gemeinsame Strategien. In Zusammenarbeit mit dem „Regional Environmental Center for Central Asia“ (CAREC) entwickelte das Projekt ein umfassendes Trainingsprogramm. Zur praktischen Anwendung wurde in Kirgisistan und in Tadschikistan je eine sektor-übergreifende Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um mit Vertretern lokaler und nationaler Institutionen für Wasserwirtschaft, Umweltschutz, Epidemiologie, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Investitionsplanung und der Distriktverwaltungen einen Bewirtschaftungsplan für das Flussgebiet der Isfara zu erarbeiten. Um die Transparenz und Kompatibilität der beiden Flussgebietspläne zu gewährleisten, tauschten sich Vertreter beider Arbeitsgruppen regelmäßig zu den aktuellen Ergebnissen und Entwicklungen in der Erstellung der Bewirtschaftungspläne aus.
Wissenschaftler der Universität Würzburg unterstützten im Rahmen des vom Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) koordinierten Forschungsprojektes Regional Research Network " Central Asian Water" CAWa die Arbeit der sektor-übergreifenden Arbeitsgruppen. Sie bildeten die Mitglieder der Arbeitsgruppen in der Nutzung von Geoinformationssystemen und Fernerkundungsdaten aus. Damit konnten die Fachleute verschiedene Karten des Flussgebietes erstellen, beispielsweise zur Topographie, Landnutzung und Naturgefahren, und diese als Grundlage für die Erstellung von Flussgebietsplänen verwenden.
Besonders im Hinblick auf die regionale Wasserproblematik in Zentralasien, konnte durch bilaterale Zusammenarbeit in kleineren grenzüberschreitenden Flussgebieten gezeigt werden, dass eine gemeinsame Planung und Bewirtschaftung von Wasserressourcen funktionieren kann und zum Wohle der Bevölkerung im gesamten Flussgebiet beiträgt. Im grenzüberschreitenden Flussgebiet der Isfara profitieren nun mehr als 200.000 Menschen von der verbesserten Wasserplanung, da mehr Wasser für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu Verfügung steht.
Weiterführende Literatur und Projekte:
Dusik, E., Nurmamedova, M. (2015): Inter-state cooperation and joint planning and management of transboundary river basins – The example of the Isfara river basin. Policy Briefs of the German Water Initiative for Central Asia No. 2. DOI: 10.2312/5.4.2015.002e
Text: Dr. Ute Münch, Wissensplattform Erde und Umwelt, fachliche Durchsicht und Ergänzungen erfolgte durch die Ansprechpartner.