Das japanische Wort Tsunami lässt sich im Deutschen mit „Hafenwelle“ übersetzen. Überlieferungen nach entstand der Begriff durch die Eindrücke von Fischern, die nach ihren Ausfahrten wieder zurück in ihrem Heimathafen angekommen waren und diesen verwüstet vorfanden. Die Zerstörung traf sie völlig unvorbereitet, da sie auf See nichts von der Flutwelle mitbekommen hatten. Mit dem Wort „Tsunami“ wurde daher ein Begriff gefunden, der die zerstörerische Wirkung der Welle speziell an der Küste treffend beschreiben sollte.
Für die Auslösung eines Tsunamis sind überwiegend schwere Erdbeben verantwortlich, bei denen der Meeresboden über weite Distanzen aufbricht. Der Meeresboden hebt oder senkt sich dabei plötzlich. An der Meeresoberfläche entstehen durch die Verdrängung bzw. das Absacken des Wassers Wellenberge und Wellentäler, die sich in alle Richtungen ausbreiten. Die gefährliche Tsunami-Welle entsteht also durch die plötzliche Verdrängung von großen Wassermassen. Auf dem offenen Meer ist diese Welle flach und bleibt dort fast unbemerkt. Beispielsweise kann bei einer Wassertiefe von 5.000 Metern die Welle auf hoher See wenige Dezimeter bis einen Meter hoch sein. Sie bleibt dort daher fast unbemerkt und stellt für Schiffe keine Gefahr dar.
Sobald das Wasser jedoch flacher wird, staut es sich auf und kann zu einer mehrere 10-Meter hohen Welle auftürmen. Häufig geht einem Tsunami, der an Land auftrifft, ein Abfall des Wasserspiegels voraus. Dieser Abfall stellt ein klares Indiz für einen möglichen nachkommenden Tsunami dar. Dieser Zusammenhang ist aber häufig Bewohnern Tsunami gefährdeter Regionen oder Touristen nicht bewusst. Das Wasser kann einige hundert Meter bis mehrere Kilometer weit ins Landesinnere vordringen und dort zu schweren Überschwemmungen führen. Neben Erdbeben können auch Hangrutsche, untermeerische Erdrutsche, Meteoriteneinschläge oder Vulkanausbrüche, bei denen große Erdmassen ins Wasser abrutschen, Tsunamiwellen auslösen.
Ausbreitungsgeschwindigkeit der Tsunamiwelle
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Tsunamiwelle hängt stark von der Wassertiefe ab. Im tiefen Bereich bleibt die Tsunamiwelle sehr flach, ist aber dafür mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 800 km/h enorm schnell. Dies entspricht ungefähr der der Geschwindigkeit eines Passagierflugzeugs. Im Flachwasserbereich reduziert sich die Geschwindigkeit erheblich, jedoch stellt sich die Welle dadurch auf und kann mehr als 30 Meter Höhe erreichen. Wenn der Tsunami an Land auftrifft, kann die Geschwindigkeit der Welle jedoch immer noch mehr als 30 Stundenkilometer betragen. Dies wäre für eine Flucht durch Wegrennen in der Regel viel zu schnell. Häufig besteht in diesen extrem gefährlichen Situationen nur die Möglichkeit, sich so schnell wie möglich an einen höher gelegenen Punkt zu flüchten. Dies kann ein tragfähiges mehrgeschossiges Haus sein oder eine ausreichende Anhöhe, die in erreichbarer Nähe liegt.
Oftmals werden Tsunami auch deswegen unterschätzt, weil Betroffene vor Ort davon ausgehen, dass mit der ersten Flutwelle die Gefahr bereits vorüber sei. Aber das Eintreffen eines Tsunamis kann in mehreren Wellen erfolgen und es kann dabei durchaus sein, dass spätere Wogen noch höher sind als die erste Welle. Da diese nachfolgenden Tsunami-Wellen auch erst nach mehreren Stunden eintreffen können, passiert es regelmäßig, dass Bewohnerinnen und Bewohner davon ausgehen, dass die Gefahr bereits gebannt ist, in ihre Häuser zurückkehren und dann von der nachfolgenden Woge überrascht werden. Der ESKP-Beitrag „Tempat Evakuasi Sementara rettet beim Tsunami Leben“ informiert über das richtige Verhalten bei Tsunamis, ebenso das „Infoblatt Tsunami“ des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ).
Tsunamigefährdete Regionen
Tsunamis ereignen sich insbesondere entlang von aktiven Kollisionszonen, den sogenannten Subduktionszonen. Dort trifft die ozeanische Platte auf die kontinentale Platte und taucht unter dieser ab. Dabei entstehen Spannungen in der Erdkruste, die sich durch Erdbeben entladen. Eine besonders gefährdete Region ist der sogenannte Pazifische Feuerring, der fast den gesamten Randbereichs des Pazifiks umfasst. Siehe hierzu auch den dazugehörigen ESKP-Grundlagenbeitrag.
Die beiden verheerendsten Tsunamikatastrophen der vergangenen Jahre wurden durch sehr starke Erdbeben im Jahr 2004 im Indischen Ozean vor der Küste Indonesiens sowie im Jahr 2011 im Pazifik vor der Küste Japans entlang von Subduktionszonen ausgelöst. Aber nicht nur der Pazifik ist eine gefährdete Region. Auch im Atlantik und im Mittelmeer wurden in der Vergangenheit Tsunamis durch Erdbeben und Vulkanausbrüche ausgelöst. Beispielsweise wurde im Jahr 1775 die portugiesische Hauptstadt Lissabon durch einen bis zu 20 Meter hohen Tsunami sowie dem anschließenden Großbrand nahezu vollständig zerstört. Man geht heute davon, dass diese Naturkatastrophe mehr als 50.000 Menschen das Leben kostete. Zum besseren Schutz der Bevölkerung existieren heutzutage in vielen Gefährdungsregionen dieser Welt Tsunami-Frühwarnsysteme. Siehe hierzu auch den ESKP-Grundlagenbeitrag „Funktionsweise von Tsunami-Frühwarnsystemen“ oder unsere Fragen und Antworten zum Thema Tsunami-Frühwarnsystem.
Text: Dr. Jörn Lauterjung, Dr. Ute Münch, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), aktualisiert durch ESKP-Redaktion im März 2020.