Es ist zeitaufwändig, Informationen zu Beben zusammenzutragen, die sich vor 1900 ereignet haben. Auch die Interpretation dieser Ereignisse ist nicht ganz einfach. Vor mehr als 20 Jahren wurde am Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam erstmals die systematische und quellenbasierte Untersuchung von historischen Schadbeben Zentraleuropas vorgenommen.

Seitdem wurden die Methoden sowie die Quellengrundlage stetig verbessert und eine verlässliche Datengrundlage zum Beispiel für probabilistische seismische Gefährdungsabschätzungen geschaffen. Dies betrifft insbesondere die Entwicklung von Methoden, die zu einem besseren Verständnis historischer Beschreibungen von Erdbeben beitragen und damit eine verlässlichere Umsetzung historischer Informationen in geowissenschaftlich nutzbare Erdbeben-Parameter ermöglichen.

Die neuen Erkenntnisse zur Interpretation historischer Erdbeben sind im CENEC 2008 Erdbebenkatalog (Grünthal et al., 2009) eingearbeitet. Im Jahr 2012 erfolgte mit der Veröffentlichung des European Mediterranean Earthquake Catalogue (EMEC) (Grünthal & Wahlström, 2012) eine erneute Verbesserung und räumliche Ausweitung der katalogisierten Daten. EMEC enthält rund 45.000 Erdbeben. Die Grundlage für die Datenbank bildeten rund  80 nationale oder regionale Verzeichnisse aus ganz Europa und dem Mittelmeerraum sowie fast 100 Sonderstudien.

Die Auswertungen für die Gesamteuropa inklusive Mittelmeerregion zeigen, dass seismische Aktivitäten in der Vergangenheit im Wesentlichen entlang der tektonischen Plattengrenzen stattgefunden haben. Die höchste seismische Aktivität wird dabei entlang des Ägäis-Bogens und der nördlich angrenzenden Grenzen der dortigen tektonischen Platten beobachtet. Weitere Schwerpunktregionen sind der westliche Balkan, Italien, der Norden Algeriens, der Süden der iberischen Halbinsel sowie der Osten des Kaukasus und das Gebiet entlang des Toten Meeres. Nördlich des Mittelmeers wird der größte Teil der Seismizität durch den Alpidischen Gebirgsgürtel begrenzt, mit der Alpenkette im Westen und der Karpatenkette im Osten inklusive der Region Vrancea im heutigen Rumänien. Nördlich des Alpidischen Gebirgsgürtels hat die Rheinregion die höchste Seismizität vorzuweisen. Weiterhin ist der mittelantlantische Gebirgsrücken mit den Azoren und Island eine weitere gut dokumentierte Zone mit hoher Seismizität.

Die Ergebnisse für Deutschland werden durch den Erdbebenkatalog der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bestätigt, der 12.667 Erdbeben für den Zeitraum 800 bis 2008 enthält. Der Katalog zeigt anschaulich die Gebiete in Deutschland mit erhöhter seismischer Aktivität. Dazu zählen: Alpennordrand, Bodenseegebiet, Oberrheingraben, Schwäbische Alb, Mittelrheingebiet und Niederrheinische Bucht. Einen weiteren regionalen Schwerpunkt bilden das Vogtland, die Region um Gera sowie die Leipziger Bucht. Die entsprechenden Karten dazu hat die BGR hier online zur Verfügung gestellt.

 

Text: ESKP-Redaktion

Literatur

Grünthal, Gottfried and Wahlström, Rutger (2003): An earthquake catalogue for central, northern and northwestern Europe based on Mw magnitudes. Scientific technical report.

Grünthal, Gottfried and Martin, F. Lorenzo (Eds.) (2009): Escala Macrosísmica Europea 1998: EMS-98.

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