Zur rechtzeitigen Information einer anrollenden Tsunamiwelle existieren inzwischen in vielen Gefährdungsregionen der Welt Frühwarnsysteme. Diese ermöglichen es, die Gefährdung schnell zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten, um menschliche Opfer nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest zu reduzieren.
Am Beispiel des Indonesischen Tsunami-Frühwarnsystems, das mit deutscher Unterstützung unter der Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) entwickelt und in Betrieb genommen wurde, wird die Funktionsweise eines Frühwarnsystems erklärt.
Funktionsweise eines Tsunami-Frühwarnsystems
Ein Tsunami wird überwiegend durch ein Erdbeben am Meeresboden ausgelöst. Ob ein Tsunami entsteht oder nicht, darüber entscheidet ganz wesentlich die Stärke und die Lage des Bebenherds. Informationen hierüber müssen schnell und präzise erfasst und ausgewertet werden. Experten gehen davon aus, dass ein Beben ab der Stärke 6,5 in einer relativ geringen Krustentiefe von weniger als 70 Kilometern einen Tsunami auslösen kann.
Bei einem starken Erdbeben bricht oder reißt die Erd- bzw. Meeresbodenoberfläche über etliche hundert Meter oder auch einige Kilometer auf. Entlang dieser Bruchfläche werden die darüber liegenden Wasserschichten in Schwingung versetzt. Zusätzlich zur Bestimmung der Erdbebenparameter ist die Richtung, in die der Erdbebenbruch verläuft, von besonderer Bedeutung, da anhand dessen die Wellenausbreitung erfolgen wird. Für eine genaue Ortsbestimmung werden GPS-Sensoren eingesetzt. Zusätzlich zu den Erdbeben- und GPS-Stationen liegen entlang der Küste sowie auf den vorgelagerten Inseln Pegelstationen, die den Wasserstand kontinuierlich erfassen und an das Warnzentrum senden.
Die Geschwindigkeit und Höhe einer Tsunamiwelle hängt sehr von der Wassertiefe ab. Im tiefen Meer kann die Welle bis zu 800 km/h erreichen, ist aber oftmals nur wenige Zenti- bis Dezimeter hoch. Wird das Wasser jedoch flacher, nimmt die Fließgeschwindigkeit zugunsten der Wellenhöhe ab. Tsunamiwellen können deshalb, wenn sie an die Küste treffen, mehrere 10-Meter hoch sein. Die Topografie des Meeresbodens beeinflusst wesentlich die Geschwindigkeit und Höhe der Tsunamiwelle. Deshalb werden Modellrechnungen durchgeführt und in einer Datenbank für den Ereignisfall bereitgestellt. Im Ereignisfall wird dann entsprechend der Erdbebenparameter, der Bruchrichtung und der Wasserstandsdaten das am besten passendste Szenario ausgewählt. Diese Daten und Informationen liegen innerhalb von wenigen Minuten im Warnzentrum des indonesischen Erdbeben-Meteorologischen Dienstes in der Hauptstadt Jakarta vor. Hier wird dann die Entscheidung über eine Warnung bzw. Entwarnung getroffen.
Nach dem verheerenden Tsunami am 26. Dezember 2004 wurde in Indonesien unter der Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums ein Tsunami-Frühwarnsystem aufgebaut. Der Film zeigt die wichtigsten Sensorsysteme und Technologien des Frühwarnsystems. Es wurde am 11. November 2008 in Betrieb genommen und am 29. März 2011 offiziell an Indonesien übergeben. (Filmrechte: GFZ, Produziert von Kick-Film)
Das Indonesische Tsunami-Frühwarnsystem hat im Jahr 2008 hat den Betrieb aufgenommen. Am 29. März 2011 übergab eine deutsche Delegation der Bundesregierung das deutsch-indonesische Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean (GITEWS) in Jakarta an Indonesien. Seitdem wird das System durch den nationalen Indonesischen Dienst für Erdbeben, Meteorologie und Klimatologie (BMKG) in Eigenverantwortung betrieben. Das BMKG ist eine staatliche Behörde.
Tausende Erdbeben und über zehn Tsunami wurden seit der Übergabe registriert. Erdbebenmeldungen und Tsunami-Warnungen werden in weniger als fünf Minuten nach einem Beben ausgegeben. Regelmäßig werden die Daten aktualisiert, sodass je nach Sachverhalt umgehend eine Warnung oder aber auch eine Entwarnung herausgegeben werden kann.
Text: Dr. Ute Münch (ESKP), Dr. Jörn Lauterjung, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), aktualisiert durch ESKP-Redaktion im März 2020.