In Mitteleuropa richten schwere Winterstürme immer wieder verheerende Schäden an. Insbesondere für die deutsche Nordsee- und Ostseeküste gibt es eine gesetzliche verankerte Sonderregelung: Hier müssen Wind- und Sturmwarnungen sowie Böen- und Gewitterwarnungen rund um die Uhr vom Deutschen Wetterdienst (DWD) zur Verfügung gestellt werden. Von Sturm wird ab Windgeschwindigkeiten von über 75 km/h gesprochen.
Ein Großteil der Schadensummen in Mitteleuropa und in Deutschland wird durch Winterstürme verursacht. Der Wintersturm an der Ostseeküste im Januar 2017 verursachte die schwerste Sturmflut seit 10 Jahren und richtete vor allem auf Usedom größere Schäden an. Besonders jedoch die Sturmserien mit den Stürmen "Vivian" und "Wiebke" im Jahr 1990 oder mit "Lothar" und "Martin" 1999 bzw. dem Sturm "Kyrill" im Jahr 2007 verursachten großräumig sehr hohe Schäden. Die Schadensummmen schwerer Winterstürme unterliegen dabei großen jährlichen Schwankungen, da sie eine geringe Auftretenswahrscheinlichkeit von circa zehn Jahren haben.
Nach der Beaufort-Skala beginnt ein Sturm ab Stärke 9 (75 km/h). Die Skala ist nach Sir Francis Beaufort benannt und dient zur Klassifikation von Windgeschwindigkeiten. Sie reicht von Stärke 0 (Windstille) bis Stärke 12 (Orkan, 118 km/h). In der Regel beziehen sich die angegebenen Windstärken auf einen 10-minütigen Mittelwert. Wird dieser Mittelwert innerhalb weniger Sekunden überschritten, spricht man von Sturmböen.
Außertropische Sturmtiefs besitzen eine großräumige Ausdehnung der Windfelder bis über 1.000 Kilometer. Sie entwickeln sich gewöhnlich in einer Zone mit einem großen horizontalen Temperaturgradient (räumlicher Temperaturunterschied zwischen dem Äquator und den Polen) über dem Nordatlantik. Da dieser Temperaturgradient in den Wintermonaten am stärksten ausgeprägt ist, treten schwere Sturmtiefs fast ausschließlich in dieser Jahreszeit auf und werden daher auch als Winterstürme bezeichnet.
Entstehung von Winterstürmen
Die Ursache aller atmosphärischen Bewegungsvorgänge ist die unterschiedliche Sonneneinstrahlung. Hieraus folgt eine unterschiedliche Erwärmung der Erdoberfläche und der Atmosphäre am Äquator und den Polen. Dadurch werden großräumige Bewegungen in der Atmosphäre und im Ozean in Gang gesetzt, die das Energiedefizit am Pol ausgleichen. Aufgrund der vorherrschenden Corioliskraft, der ablenkenden Kraft durch die Erdrotation (Scheinkraft), schwächt sich dieser direkte Energietransport nach den hohen Breiten immer mehr ab. Die Konsequenz ist ein ausgeprägter horizontaler Temperaturgradient in den mittleren Breiten (50°-60° N). Hier trifft warme, feuchte Subtropenluft auf kalte Polarluft. Dieser Bereich bietet nun optimale Bedingungen für die Entwicklung eines Sturmtiefs. Die Entwicklung dieser Tiefs erfolgt umso intensiver, je ausgeprägter der horizontale Temperaturgradient ist.
In der oberen Troposphäre in ca. 10 Kilometer Höhe befindet sich ein Starkwindband, der sogenannte Jetstream, der Geschwindigkeiten von über 300 m/s aufweisen kann. In den mittleren Breiten steuert der Jetstream die Verlagerung der außertropischen Tiefs und ist für die Entstehung der Sturmzyklonen von entscheidender Bedeutung. Dieser bewirkt in der Höhe eine starke Divergenz (Auseinanderströmen von Luftmassen), wodurch ein starker Druckfall am Boden entsteht.
Text: Dr. Susanna Mohr, Karlsruher Institut für Technologie