Das Mekong Delta ist die Kornkammer Südost-Asiens. Die alljährlichen Hochwasser des Mekongs während der Monsunzeit schufen über Jahrtausende eine riesige fruchtbare Schwemmebene, die insbesondere im vietnamesischen Teil des Deltas intensiv landwirtschaftlich genutzt wird. Durch die großen Flächen und mehrfache Ernten pro Jahr sichert das Mekong-Delta die Grundversorgung mit Reis in Vietnam, stellt aber darüber hinaus mit knapp 20 % des weltweiten Handelsvolumens an Reis auch eine wichtige Komponente in der globalen Nahrungsmittelversorgung dar .
Grundlage für die hohe Produktivität sind das ausreichende Wasserangebot und die nährstoffreichen Sedimente, die alljährlich mit den Hochwassern auf den Überflutungsflächen abgelagert werden. Diese Grundlagen sind allerdings gefährdet. Der globale Klimawandel kann Veränderungen im hydrologischen Regime des Mekongs, also Änderungen in der Dynamik und Stärke der monsunalen Hochwasser, mit sich bringen. Neben den klimatischen Änderungen sind auch die durch den Menschen vorgenommenen Eingriffe im Einzugsgebiet des Mekongs von großer Bedeutung für das Mekong-Delta. In den sechs Anrainerstaaten China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam sind eine Vielzahl von Staudämmen an den Nebenflüssen und am Hauptstrom für die nächsten Jahrzehnte geplant. Nach derzeitigen Informationen beläuft sich die Zahl der geplanten neuen Staudämme auf 136. Durch die Pufferung des Abflusses in den Staudämmen sind Änderungen im hydrologischen Regime wahrscheinlich. Doch weitaus dramatischer dürfte die Reduktion der Sedimentfracht im Mekong durch die Staudämme ausfallen. Diesen möglichen Änderungen im Einzugsgebiet stehen klimatisch bedingte Änderungen im Meeresspiegel gegenüber, die ebenfalls Einfluss auf die Hydraulik und somit die Überflutungsdynamik im Mekong-Delta haben.
Zu all diesen Treibern und deren Einfluss auf die Hydrologie existieren Studien, die die jeweiligen Faktoren allerdings entweder nur einzeln oder nicht explizit für das Mekong-Delta betrachten. So wurde der Einfluss auf den Sedimenthaushalt im Mekong-Delta weder quantitativ noch explizit für bestimmte Deltabereiche abgeschätzt. Deshalb setzten hier Wissenschaftler vom Deutschen GeoForschungsZentrum, des vietnamesischen Southern Institute of Water Resources Research in Ho Chi Minh City und der Aalto Universität in Helsinki an. Sie führten auf Basis der vorhandenen Studien zu den einzelnen Treibern eine Sensitivitätsanalyse durch, mittels derer die Auswirkungen der Änderungen der Randbedingungen auf die Hydrologie und den Sedimenthaushalt für das Mekong-Delta quantifiziert wurden. Hierzu wurden die minimalen und maximalen Änderungen in den Randbedingungen durch die Einflussfaktoren auf Basis der bestehenden Studien festgelegt. Die Bandbreiten der Änderungen wurden jeweils in fünf Intervalle unterteilt und zunächst einzeln, dann in Kombination für ein quasi-2D hydrodynamisches Modell des Mekong-Deltas als Randbedingungen definiert. Mittels des Modells konnten wichtige Parameter wie maximale Überflutungstiefen, Überflutungsdauern und Sedimentationsraten kleinräumig für das Mekong-Delta quantifiziert werden. Ein Vergleich der mittleren Zustände in der Referenzperiode der Jahre 2000-2010 mit der durch die Szenarien erfasste zukünftige Periode der Jahre 2050-2060 ermöglicht räumlich explizite Aussagen über die zu erwartenden Änderungen im Mekong-Delta. Dies differenziert nach einzelnen und kombinierten Einflussfaktoren. Da die gesamten bekannten Bandbreiten der Änderungen kombiniert wurden, sind alle denkbaren Änderungen und deren Ausmaße nach heutigem Wissenstand erfasst.
Die Auswertung der Ergebnisse ergab, dass die dramatischsten Änderungen im Sedimenthaushalt zu erwarten sind. Diese werden überwiegend durch den Bau der Staudämme im Mekong-Einzugsgebiet verursacht. Klimawandel und Meeresspiegelanstieg sind hinsichtlich der Sedimentdynamik im Vergleich zu den Staudämmen nur zweitrangige Faktoren. Wird über alle zukünftig mögliche Szenarien gemittelt, ergibt sich eine Reduktion der Sedimentation auf den Überflutungsflächen im Mekong-Delta für den Zeitraum 2050 bis 2060 von 40 % im Vergleich zum Zeitraum zwischen 2000 und 2010. Bei der maximalen Änderung im Falle einer Realisierung aller geplanten Staudämme ist eine Reduktion um 90 % möglich. Die Sedimentfracht, die das Meer erreicht, könnte sogar um 95 % reduziert werden. Das hätte dramatische Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Morphodynamik und die aquatische Ökologie des Deltas. Im Vergleich mit den drastischen Änderungen im Sedimenthaushalt verändern sich die Überflutungsflächen und -tiefen weniger dramatisch, da sich hier die Änderungen durch Klimawandel, Staudämme und Meeresspiegelanstieg mitunter kompensieren.
Regional sind die Überflutungsflächen im vietnamesischen Teil des Deltas am sensitivsten gegenüber den Änderungen der Randbedingungen. Da hier auch der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Produktion liegt, müssen die möglichen Änderungen, insbesondere durch den Bau von Staudämmen, auch in Zusammenhang mit der Sicherstellung der Lebensmittelversorgung in Südost-Asien diskutiert werden.
Referenzen
Manh, N. V., Dung, N. V., Hung, N. N., Kummu, M., Merz, B. & Apel, H. (2015). Future sediment dynamics in the Mekong Delta floodplains: Impacts of hydropower development, climate change and sea level rise. Global and Planetary Change, 127, 22-33. doi:10.1016/j.gloplacha.2015.01.001
DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.034
Veröffentlicht: 28.01.2015, 2. Jahrgang
Zitiervorschlag: Apel, H. (2015, 28. Januar). Das Mekong Delta – drastische Änderungen sind wahrscheinlich. Earth System Knowledge Platform [eskp.de], 2. doi:10.2312/eskp.034