Die vom Menschen freigesetzten Flurkohlenwasserstoffe (FCKWs) führen zur Zerstörung der Ozonschicht, die uns Menschen vor ultravioletter Strahlung schützt. Aber wie werden eigentlich die chemischen Prozesse innerhalb der Ozonschicht, die sich zwischen 20–40 km Höhe befindet, gemessen? Forschungsflugzeuge können bis maximal 20 km Höhe fliegen und Satelliten messen indirekt aus größerer Höhe. Unbemannte, mit Messgeräten bestückte Forschungsballons bieten die einzige Möglichkeit in dieser Höhe Messungen durchzuführen. Sie blicken auf eine lange Tradition zurück und sind nicht nur auf der Erde einsetzbar: der wohl spektakulärste Ballonflug fand in den 1980er-Jahren im Rahmen der sowjetischen Vega Mission auf der Venus statt.
Wetterballons werden heutzutage routinemäßig in der Meteorologie zum Erfassen von Wetterdaten mittels Radiosondemessungen durchgeführt. Sie tragen relativ leichte Messgeräte (Lasten bis etwa 1 kg). Die mit Helium gefüllten Ballons steigen bis in die mittlere Stratosphäre (25–35 km) auf, wo sie platzen und das Messgerät am Fallschirm wieder zum Boden zurückkehrt.
Der Stratosphärenballon ist gewissermaßen der große Bruder des kleinen Wetterballons. Stratosphärenballons sind um ein tausendfaches größer, haben ein Fassungsvermögen von 100.000–1.200.000 m3 und können Lasten von bis zu mehr als einer Tonne tragen. Der gefüllte Ballon weist eine charakteristische Tränenform auf. Die größten Ballons erreichen eine Länge von bis zu 180 m und eine Gesamtlänge (Ballon plus Messinstrumente) von bis zu 300 m (Abb. 1), was fast der Höhe des Berliner Fernsehturms entspricht. Im Gegensatz zum Wetterballon, der in einer gewissen Höhe platzt, besitzt der Stratosphärenballon ein Ventil im oberen Bereich, über welches ein Austausch zwischen dem Heliumgas und der Luft stattfinden kann. Über die Regulierung dieses Gasaustauschs und des Ballasts kann die Höhe des Ballons, ähnlich wie bei einem Heißluftballon, in gewissen Grenzen und über eine bestimmte Zeit reguliert werden. Somit kann der Ballon in einer maximalen Höhe von ca. 25–45 km über viele Stunden oder sogar Tage ‚segeln‘. Diese so genannte ‚ceiling altitude‘ hängt dabei von der Größe des Ballons, der Masse der Nutzlast und der Tageszeit ab.
Luftdichte und Fallschirme bremsen freien Fall der abgekoppelten Nutzlast
Nach Beendigung der Mission wird die Nutzlast per Funk vom Ballon getrennt, entweder bereits in großer Höhe, wobei der anfangs freie Fall schnell durch die zunehmende Luftdichte und nach und nach durch Fallschirme abgebremst wird. Alternativ kann die Nutzlast am Ballon Ventil-geregelt bis ca. 15 km langsam absteigen, bevor eine Entkopplung erfolgt. Letzteres Verfahren wird vor allem bei Nutzlasten mit in-situ-Messgeräten angewendet.
Die Durchführung eines Stratosphärenballons ist sehr aufwendig und kostspielig. Die großen Ballons können nur von dafür ausgelegten Stützpunkten und erfahrenen Betreibern gestartet werden, wobei ein Sicherheitsabstand bei Start und Landung zu besiedelten Gebieten eingehalten werden muss. So wird gewährleistet, dass die zum Boden zurückkehrende Gondel keinen Schaden anrichtet. Außerdem ist der Start nur bei sehr windschwachen und trockenen Verhältnissen möglich. Schon eine geringe Menge an Wassertröpfchen auf der Ballonhülle würde eine große zusätzliche Last bedeuten und die Flugeigenschaften des Ballons beeinflussen.
So werden Stratosphärenballons hauptsächlich in der Forschung und häufig innerhalb eines internationalen Forschungsverbundes eingesetzt, so dass verschiedene Messinstrumente der unterschiedlichen Partner simultan in der Gondel messen. Die Forschungsziele sind dabei vielseitig. Es werden beispielsweise aktuelle Fragestellungen zur Zusammensetzung der Atmosphäre oder zu physikalischen Prozessen behandelt, deren Verständnis von großer Relevanz z.B. für die Wettervorhersage oder die Klimamodellierung ist. Aber auch Astrophysiker nutzen gerne Ballons, um Beobachtungen der Sonne und des Weltraums (weitgehend) oberhalb der sie sonst störenden Erdatmosphäre zu machen. Oftmals werden auch neue Messgeräte, die in der Zukunft von Satelliten aus messen sollen, getestet. Die Messungen aus dem Ballon sind dabei einzigartig. Keine andere Forschungsplattform (Flugzeug, Rakete, Satellit) kann in diesem Bereich der Stratosphäre Messungen gewährleisten (Abb. 2).
Vor jedem Ballonstart müssen die Wetterbedingungen genau überprüft werden. Dazu wird zunächst ein Wetterballon gesendet (Abb. 3-Morning). In der Zwischenzeit müssen alle Geräte auf ihre Funktion überprüft werden (Abb. 3-T-3). Dann müssen alle Geräte, die zur Kommunikation und Steuerung dienen überprüft und bereitgelegt werden. Dazu gehören Elektronik zur Steuerung und Kontrolle des Ballons, Telemetrie für die Übertragung der Daten wissenschaftlicher Geräte, Radar-Transponder, Fallschirm, und andere Hilfssysteme (Abb. 3- T-1:45). An der Gondel werden Hilfsballons angebracht, die zur Stabilisierung der Gondel während des Starts dienen (Abb. 3-T-1:30). Der Ballon wird ausgerollt und mit Heliumgas befüllt (Abb. 3-T-1 und T-0:45).
Die Ballonhülle besteht aus ultradünnem Plastik. Daher muss bei der Auslegung und der Befüllung des Ballons äußerste Vorsicht gewahrt werden, denn das kleinste Loch würde einen erfolgreichen Ballonflug gefährden. Die Mitarbeiter, die den Ballon herrichten, müssen sich einer peniblen Kleiderordnung unterwerfen, keine Ösen, keine Reißverschlüsse, keine scharfen Gegenstände und immer Handschuhe tragen. Ist der Ballon fertig ausgerollt, wird er vom Tankwagen über zwei Füllschläuche langsam von oben gefüllt.
Bis zum eigentlichen Ballonstart haben die Wissenschaftler und Mitarbeiter der Ballonbasis über mehrere Stunden ihre Messgeräte startfertig gemacht. Der gut gefüllte Ballon steht bereits über der Gondel, noch einmal werden die Funktion der wissenschaftlichen Nutzlast und die Kommunikation zwischen Ballon und Kontrollzentrum überprüft, dann wird der Ballon gestartet und die Hilfsballons von der Gondel gelöst.
Der Ballon steigt anfangs mit etwa fünf Meter pro Sekunde. Die Flugbahn des Ballons wird über verschiedene Instrumente und GPS Transponder genauestens mitverfolgt, denn dies ist zum einen für die Auswertung der wissenschaftlichen Messungen wichtig, zum andern muss berechnet werden, an welcher Stelle die Gondel später landen wird, damit entsprechende Vorbereitungen getroffen werden können (air traffic control, Bergungsteam). Die wissenschaftlichen Messungen beginnen häufig bereits während des Aufstieges und werden bis zur Trennung des Ballons von der Nutzlast fortgeführt.
Der Blick aus der Gondel von ca. 36 km ist atemberaubend (Abb. 5). Ganz deutlich ist die dünne Schicht der uns umgebenden Lufthülle gegen die Schwärze des Weltraums erkennbar. Auch die Krümmung des Horizonts sowie erdnahe Wolkenstraßen sind sichtbar.
Anders als bei Baumgartners Rekordsprung ist bei wissenschaftlichen Einsätzen vom Stratosphärenballon das Ziel entweder möglichst lange auf der maximalen Flughöhe zu bleiben und mit Fernerkundungsmessungen die Atmosphäre abzuscannen oder im Falle von in-situ-Messungen langsam am Fallschirm zu sinken, um entsprechend lange während des Abstiegs sondieren zu können. Bis zu 20 Stunden kann ein solcher Flug dauern, bevor die Gondel landet und alle Teile des Ballons vom Landungsteam geborgen und zur Basis zurückgebracht werden. Dann beginnt die zweite spannende Phase: die Auswertung der Messergebnisse.
Text: Dr. Julia Becker, Karlsruher Institut für Technologie