Dort wo keine Bäume mehr wachsen können – in der arktischen Tundra – führen zunehmend heiße und trockene Sommer zu Flächenbränden bei der die spärliche Vegetation und die oberen Torfschichten im Boden verbrannt werden. Der unterlagernde gefrorene Boden gerät dadurch aus dem Gleichgewicht und beginnt zu tauen.

Eine neue wissenschaftliche Studie unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) nutzt hochauflösende Vermessungen der Geländehöhen, um die Nachwirkungen von Bränden auf die Dauerfrostböden zu untersuchen. Diese wurden mit Hilfe einer Flugzeug-getragenen Laser-Technik (LiDAR) über der größten Tundra-Brandfläche in Nord-Alaska vorgenommen.

"Der Vorteil der Laser-Daten ist ihre sehr hohe räumliche Auflösung. Es werden Millionen von Datenpunkten in einer einzigen Befliegung gesammelt. Ihre absolute Präzision in der Höhenbestimmung liegt im Bereich von wenigen Zentimetern. Werden solche Messungen innerhalb von wenigen Jahren wiederholt, können durch den Vergleich der Datensätze sehr genaue Aussagen über Höhen-Veränderungen im Bereich von wenigen Dezimetern in der Landoberfläche getroffen werden", sagt Guido Grosse, Wissenschaftler am AWI. "In unserer Studie konnten wir die ersten Langzeitfolgen des Tundra-Feuers mit dramatischen Folgen für den Permafrost beobachten: Oberflächennahes Eis taut großflächig und das Relief der Region ändert sich nachhaltig durch Absenkungen von teils weit über einem Meter nur wenige Jahre nach dem Feuer. In den kommenden Jahren wird dies enorme Konsequenzen für Hydrologie, Vegetation, und Kohlenstoffumsetzung in den ehemals gefrorenen Böden haben", sagt Grosse.

Das Ausmaß der Brandschäden bestimmen die Forscher über Satellitenbilder, die LiDAR-Daten, sowie die Temperaturänderungen im Permafrost über stündliche Messwerte aus Bohrlöchern.

Fläche größer als Berlin in 2007 abgebrannt

Im Jahre 2007 hat eines der größten je beobachteten Tundrafeuer eine Fläche im Norden Alaskas abgebrannt, die mit 1.000 km2 wesentlich größer ist als Berlin. Der dabei in die Atmosphäre abgegebene Kohlenstoff entsprach etwa der Menge die jedes Jahr durch die Tundren-Ökosysteme der gesamten Arktis aufgenommen wird. Durch die Brände entstehen nicht nur Treibhausgase, sondern auch ein Prozess in Gang gesetzt, der das thermische Gleichgewicht der Böden stört: Thermokarst.

Thermokarst entsteht in Gebieten, in denen Permafrost sehr viel Eis im Untergrund enthält und dieses abschmilzt. Ursachen dafür sind u.a. Feuer, welche die Vegetation und die obersten Torfschichten wegbrennen, die vorher den Permafrost vor den warmen Sommertemperaturen isoliert haben. Das zum Teil schon Tausende von Jahren existierende Eis beginnt zu schmelzen und eine Absenkung der Landoberfläche ist die Folge.

Laut der Studie findet der Zerfall von Permafrost-Böden sehr viel stärker in den von Bränden betroffenen Gebieten statt (34%) als in den von Bränden verschonten Gebieten (<1%). Das beschleunigte Tauen des Permafrost führt nach Bränden in eisreichen Gebieten zur Freisetzung noch größerer Mengen an Kohlenstoff, die zuvor im Eis konserviert waren. Die Zersetzung der Permafrostböden führt zur Bildung eines Mikroreliefs, die wiederum einen Vegetationstyp begünstigt, der sich nach Feuern etabliert. Das Tauen des Permafrost wird durch neue Vegetationsformen und das erhöhte Mikrorelief noch zusätzlich verstärkt, da Schnee besser eingefangen werden kann und im Winter dazu führt, dass die Böden nicht mehr so tief zufrieren.

"Unsere Studie deutet zum ersten Mal darauf hin, dass in einer sich erwärmenden Arktis die zu erwartenden Anstiege in der Anzahl und Intensität von Tundra-Feuern zu ernsten Folgen für Permafrost führen können und damit zur Verstärkung des Klimawandels beitragen, der nicht nur die entfernte Arktis betrifft", sagt Grosse.

Quelle
  Scientific report in nature.com: Recent Arctic tundra fire initiates widespread thermokarst development doi:10.1038/srep15865

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