Vom 7. bis 18. November 2016 fand in Marrakesch die 22. Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen statt. Nach dem schnellen Inkrafttreten des Pariser Abkommens war dies gleichzeitig auch das erste Treffen zu diesem internationalen Vertrag. Das Pariser Abkommen ist die Errungenschaft der Vertragsstaatenkonferenz im vergangenen Jahr. Nach vielen, zähen Verhandlungsjahren und einem ersten Beschlussversuch im Jahr 2009 in Kopenhagen, kann das Abkommen nun ab 2020 implementiert werden. Es hat drei Hauptziele: (a) Begrenzung der Temperaturerhöhung auf deutlich unter 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau (1,5°C anstreben) (b) die Anpassung erhöhen, Resilienz verbessern und Treibhausgase vermindern (c) Mobilisierung von Finanzierungsmechanismen, die eine solche Entwicklung erlauben.

Anders als im Kyoto Protokoll, welches konkrete Zusagen zur Reduktion von Treibhausgasen enthielt, basiert das Pariser Abkommen auf „freiwilligen nationalen Beiträgen“. Selbst wenn das Abkommen als solches völkerrechtlich bindend ist, so sind es diese Reduktionsbeiträge nicht. Die sogenannten Nationalen Beiträge zum Klimaschutz (NDC: Nationally Determined Contributions) sind Pläne, die alle Vertragsparteien zu präsentieren haben. Hier legen sie dar, wie sie die drei Hauptziele des Pariser Abkommens bedienen werden. Insbesondere von Industrieländern wurde erwartet, dass sie auch die konkrete Umsetzung, Finanzierung, Kapazitätsbildung und den beabsichtigen Technologietransfer darlegen. Die drei letztgenannten Aspekte fehlten in meisten bis heute vorgestellten Plänen.

Nationale Beiträge zum Klimaschutz unzulänglich in der Gesamtschau

Die meisten sogenannten Nationalen Beiträge zum Klimaschutz sind nicht den Erkenntnissen der Wissenschaft entsprechend ausgerichtet wurden. Im Mai 2016 veröffentlichte das UN-Sekretariat der Klimarahmenkonvention bereits einen Bericht, der den aggregierten Effekt aller beabsichtigten Nationalen Klimaschutz-Beiträge gesamt betrachtet (United Nations Framework Convention on Climate Change Secretariat, 2016). Basierend auf diesen 161 voraussichtlichen Klimaschutz-Beiträgen, die für 189 Vertragsstaaten und annähernd alle globalen Emissionen stehen (95,7%), kommt der UN-Bericht zu folgendem Schluss: selbst wenn alle nationalen Klimaschutz-Beiträge vollständig in die Tat umgesetzt werden, muss mit einem globalen Temperaturanstieg von 2,7°C bis 3,7°C gerechnet werden. Die wäre ein Anstieg, der das momentane 2°C Ziel weit verfehlen würde. Aufgrund der Unzulänglichkeiten in den Nationalen Beiträgen zum Klimaschutz wurde im Pariser Abkommen eine Regelung eingebaut, die es Ländern erlaubt alle fünf Jahre ihre Zusagen zu überarbeiten und diese ambitionierter zu gestalten.

Diese fehlende Ausrichtung an wissenschaftlichen Erkenntnissen und die momentanen negativen Effekte des Klimawandels bringen große Herausforderungen mit sich, insbesondere für Entwicklungsländer und vulnerable Gemeinschaften. Aus diesem Grund ist der Anpassungsansatz so wichtig. 137 (von 161) voraussichtliche, d.h. noch nicht ratifizierte, Klimaschutz-Zusagen bestätigten dies. Sie enthalten diese Anpassungskomponente. Beispiele für Bereiche, die Anpassungsmaßnahmen bedürfen sind das Wassermanagement, die Landwirtschaft, das Ökosystem- und Biodiversitätsmanagement, die Katastrophenvorsorge oder aber der Bereich Energie.

Klimawandel in Lateinamerika

Lateinamerikanische Länder, die historisch nur einen geringen Anteil an Treibhausgasen emittiert haben,  gehören zu den vulnerabelsten Regionen der Welt. Der große Sachstandsbericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2014 identifizierte bereits eingetretene Auswirkungen: u.a. Erhöhung der mittleren Temperatur (0,7°C -1°C), Veränderungen der Jahreszeiten, Veränderungen des Wasser- und Oberflächenwasserabflusses, Zunahme von Krankheiten, Abschmelzen von Gletschern, Meeresspiegelanstieg. Lateinamerika hat aber auch große Möglichkeiten zur Mitigation. Ein riesiges Potential liegt im Einsatz von erneuerbaren Energien, dem Einsatz effizienter und sauberer Verkehrssysteme aber auch der Emissionsvermeidung durch das Begrenzen der Abholzung und dem Schutz natürlicher Ökosysteme vor weiterer Degradation. Selbst bei Ausschöpfung des Potentials wird Lateinamerika weiter unter dem Klimawandel leiden, wenn die Emissionen nicht drastisch global reduziert werden.

Zentralamerika besonders vulnerabel

Die Setzung von ambitionierteren, internationalen Zielen ist beispielsweise für die zentralamerikanische Region von höchster Priorität. Obwohl die Region nur ein Prozent der globalen Treibhausgase verantwortet, sind mehr als die Hälfte der zentralamerikanischen Länder in den Top 15 des Globalen Klima-Risiko-Indexes (Eckstein et al., 2021). Der Index von Germanwatch zeigt, wie stark Länder von Wetterextremen wie Überschwemmungen, Stürmen, Hitzewellen etc. betroffen sind. Honduras, Nicaragua und Guatemala sind in der Langzeitliste sogar unter den ersten zehn der am stärksten getroffenen Länder. Ende November, kurz nach Ende der COP22 in Marrakesch, formierte sich Hurrikan Otto vor der Küste Zentralamerikas. Der Hurrikan war in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich: zum einen traf er sehr weit südlich aufs Festland und zum anderen formierte er sich ungewöhnlich spät im Jahr. Die Hurrikansaison endet normalerweise in dieser Region im Oktober. Costa Rica wurde zum ersten Mal seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (1851) getroffen. Viele Menschen verloren in der Folge ihr Leben, ein Millionenschaden entstand.

COP22 in Marrakesch: großes Regelwerk erscheint 2018

Nachdem das Pariser Abkommen in Kraft getreten ist, war nun eine große Aufgabe der Verhandlungsführer auf der COP22, Wege zur Umsetzung des Abkommens zu finden. Richtlinien waren auszuformulieren, Modalitäten und Verfahrensweisen festzulegen und dann sollte all dies in einem Regelwerk zusammengefasst werden. Was bis 2020 getan werden muss war Verhandlungsgegenstand. Das bis 2020 gültige Kyoto Protokoll soll noch einmal verbessert werden. Hauptthemen der COP22 waren auch die Finanzierung und die Anpassung an den Klimawandel. Was von Marrakesch bleibt, sind Fortschritte in den Umsetzungsmodalitäten: 2018 wird die Deadline für das besagte, wichtige Regelwerk sein und 81 Millionen US Dollar gehen in den Anpassungsfond. Die Ergebnisse von Marrakesch weisen in die richtige Richtung, sind jedoch gerade für manche Regionen, wie unter anderem Zentralamerika, nicht ambitioniert genug. Es braucht informierte, wissenschaftsbasierte Entscheidungsprozesse, denn gerade Anpassungsprozesse sind mit vielen Unsicherheiten behaftet. Traditionelles und indigenes Wissen sollte auch berücksichtigt werden, um dem Ziel einer klimaverträglichen Gesellschaft näher zu rücken.

Referenzen

  United Nations Framework Convention on Climate Change Secretariat. (2016, 2. Mai). Synthesis report on the aggregate effect of INDCs (FCCC/CP/2016/2). United Nations.

Weiterführende Informationen

Der jährlich erscheinende Klima-Risiko-Index von Germanwatch e.V. vergleicht wetterbedingte Schadensereignisse wie Stürme, Überschwemmungen, Dürren und ihre Auswirkungen auf die Staaten der Welt. Der Index wertet sowohl das aktuellste Jahr aus wie auch die Periode 1996 bis heute.

 

Veröffentlicht: 06.12.2016, 3. Jahrgang

Zitierhinweis: Bolanos, T. G. (2016, 6. Dezember). Klimakonferenz in Marrakesch: Ziele hoch genug gesteckt? Earth System Knowledge Platform [eskp.de], 3. https://www.eskp.de/klimawandel/klimakonferenz-in-marrakesch-ziele-hoch-genug-gesteckt-935886/

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